Wissenschaftlicher Sammelband, herausgegeben von Thomas Tinnefeld - unter Mitarbeit von Christoph Bürgel, Ines-Andrea Busch-Lauer, Frank Kostrzewa, Michael Langner, Heinz-Helmut Lüger, Dirk Siepmann. Saarbrücken: htw saar 2014. ISBN 978-3-942949-05-7.
Überlegungen zu einem integrativen lernergesteuerten Wortschatzerwerb

Katharina Zipser (Innsbruck, Österreich)



Abstract (English)
In general, it can be stated that learning is organised by learners themselves, not by teachers, who, nevertheless, play an essential role in learning: teachers have to create a learning atmosphere in which learners are intrinsically motivated to increase their knowledge. This is also true for vocabulary learning. The mere learning of vocabulary lists by heart is no longer up-to-date. Nevertheless, an extensive lexicon which meets the learners’ personal needs is essential for a good language competence. In the present article, some ideas on vocabulary acquisition are presented and discussed. These meet the following characteristics or requirements: being demand-driven and individual, operating with intrinsic motivation, building on existing knowledge, promoting individuality, and operating in a social-communicative environment. The methods described have been tested and evaluated in class.
Key words: Vocabulary acquisition, intrinsic motivation, individual and demand-driven


Abstract (Deutsch)
Gesteuert wird der Lernprozess vom Lerner selbst; nicht von der Lehrperson, deren Rolle aber dennoch wesentlich ist. Ihr kommt die Aufgabe zu, eine Atmosphäre mitzugestalten, in welcher der Lernende möglichst intrinsisch motiviert ist, sein Wissen - und im Speziellen seinen Wortschatz - zu erweitern. Das Memorieren von Wortschatzlisten ist nicht mehr zeitgemäß; dennoch bleibt ein umfangreicher, bedarfsabhängiger Wortschatz zentral für eine gute Sprachkompetenz. In dem vorliegenden Beitrag werden daher Unterrichtsideen zum Wortschatzerwerb erörtert, für die folgende Charakteristika wesentlich sind bzw. bei deren Umsetzung versucht wird, den folgenden Anforderungen gerecht zu werden: bedarfsgesteuerte und möglichst intrinsische Motiviertheit, Anknüpfung an vorhandenem Wissen, Förderung von Individualität, Situierung in einem sozial-kommunikativen Umfeld. Die vorgestellten Methoden wurden im Unterricht erprobt und evaluiert.
Stichwörter: Wortschatzerwerb, intrinsische Motivation, individuell und bedarfsabhängig


1 Hintergrund: eine typische Lernergruppe

Die Beschäftigung mit der Frage nach einer möglichst effektiven Wortschatzarbeit nimmt ihren Ursprung im Praxisalltag, und zwar in DaF / DaZ-Kursen für Erwachsene auf fortgeschrittenen Niveaustufen.1

In diesen Deutschkursen kommen nicht selten Lerner und Lernerinnen zusammen, die in vielerlei Hinsicht heterogene Gruppen konstituieren: Neben unterschiedlichem Geschlecht, Alter, unterschiedlicher Herkunft, Muttersprache und unterschiedlichem Bil-dungsstatus wirken sich unterschiedliche Lebenssituationen aus. In diesen Kursen, etwa einem B2-Kurs, treffen sich beispielsweise ein 18-jähriges Au-pair-Mädchen mit Russisch als Muttersprache, das bisher nur in gelenkten Lernsituationen (Schule, Uni- versität) Deutsch gelernt hat und wenig Kontakt zu Muttersprachlern hatte, eine seit kurzem in Tirol (Österreich) wohnhafte, mit einem Österreicher verheiratete englischsprachige Ärztin und ein seit 20 Jahren in Österreich lebender 50-jähriger türkisch-stämmiger Gastarbeiter, der einen Deutschkurs besucht, weil eine ihm dargebotene berufliche Aufstiegsmöglichkeit an eine höhere Deutschkompetenz geknüpft ist – um hier nur einige, durchaus typische Beispiele zu nennen. Es steht außer Frage, dass die gezeichnete Heterogenität eine Herausforderung für die Gestaltung des Unterrichts darstellt. Gleichzeitig eröffnet sie aber auch Chancen.

Allen Teilnehmern eines solchen Kurses ist gemein, dass sie zum Zeitpunkt des Kursbesuches im zielsprachlichen Land leben und nachweislich die gleiche Niveaustufe des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens (GeR) erreicht haben: Sie haben entweder eine Prüfung über das vorausgehende Niveau (im vorliegenden Falle B2) abgelegt oder einen entsprechenden Einstufungstest erfolgreich absolviert. Dabei ist ihre Deutschkompetenz in den Teilfertigkeiten unterschiedlich entwickelt. Es kann z. B. Folgendes beobachtet werden: Während das Au-pair-Mädchen tendenziell Bühnendeutsch spricht, ergo eine sehr gute Aussprache hat und über eine gute Grammatikkompetenz verfügt, aber vorsichtig, überlegt und langsam formuliert und ihr Wortschatz in manchen Bereichen veraltet wirkt, spricht der Gastarbeiter Tiroler Dialekt. Er spricht flüssig, macht allerdings teilweise grundlegende Fehler, die sich über die Jahre eingeschlichen und verfestigt zu haben scheinen. Im Gespräch mit Einheimischen ist er vergleichsweise im Vorteil; er versteht sie besser und kann sich besser in Gesprächen einbringen. Die Gegenüberstellung der individuellen Leistungen in den vier Fertigkeiten zeigt insgesamt sehr unterschiedliche Stärken der Kursteilnehmer. So ist auch der individuelle Wortschatz entsprechend der jeweiligen Lebenssituation unterschiedlich spezialisiert: Der Wortschatz des Au-pair-Mädchens wirkt stark von Hochliteratur geprägt, jener der Jungmutter hingegen ist durch Interaktion mit neuen Familienmitgliedern und Freunden gewachsen und ist daher als vergleichsweise kolloquial zu beurteilen, der Wortschatz des Gastarbeiters letztlich ist einerseits auf technische Begriffe spezialisiert, andererseits ebenso als umgangssprachlich zu charakterisieren.

Um den Wortschatz soll es im Folgenden gehen. Im vorliegenden Beitrag widmen wir uns der Frage, wie Wortschatzerweiterung und Wortschatzvertiefung insbesondere auf höheren Kursstufen effektiv gefördert werden kann. Dafür werden zunächst die Anforderungen einer erfolgreichen Wortschatzarbeit skizziert und anschließend Unterrichtsideen vorgestellt und reflektiert.

2 Stellenwert erfolgreicher Wortschatzarbeit bzw. eines
entsprechenden Wortschatzerwerbs

Im Folgenden soll der Stellenwert der Wortschatzarbeit im Unterrichtsfach Deutsch als Fremdsprache (DaF) bzw. Deutsch als Zweitsprache (DaZ) im Allgemeinen sowie in unserem eigenen Unterricht untersucht werden. Insbesondere soll hinterfragt werden, welchen Stellenwert Wortschatzarbeit für die Kursteilnehmer hat. Dazu wurde ehemaligen Kursteilnehmern der folgende Fragebogen vorgelegt:

Wie wichtig ist es für dich, über einen ,guten Wortschatz‘ im Deutschen zu verfügen?
Beschäftigst du dich momentan aktiv (und bewusst?) mit der Erweiterung deines Wortschatzes? Wenn ja, in welcher Form?
Was macht für dich persönlich einen ,guten Wortschatz‘ in einer Fremdsprache (also im Speziellen im Deutschen) aus?
Wie würdest du deinen Deutschwortschatz beschreiben?
Bist du mit deinem Wortschatz zufrieden? Warum bzw. warum nicht?
Wie wichtig ist dir ein guter Wortschatz im Vergleich zu Intonation / Aussprache, Grammatik und Flüssigkeit? Reihe diese Bereiche mit 1 (am wichtigsten) bis 4 (am wenigsten wichtig).
__ Intonation/Aussprache, __ Grammatik, __ Flüssigkeit, __ Wortschatz
In welchen Bereichen würdest du deinen Wortschatz gerne erweitern und / oder vertiefen? Warum?
Welche Methoden und Strategien hast du privat / zu Hause angewandt, um deinen Wortschatz zu erweitern? Was hat deinen Wortschatz zu dem gemacht, was er heute ist?
Welche Methoden eignen sich für dich persönlich am besten, um den Wortschatz zu erweitern und zu vertiefen?
Welche Methoden hast du im Deutschkurs kennengelernt? Welche haben dir besonders gut gefallen? Warum? Welche haben dir weniger gefallen? Warum?
Welche Methoden erschienen bzw. erscheinen dir besonders effizient?
Was würdest du einem/r FreundIn in / aus deiner Heimat raten, wenn er Deutsch lernen möchte?
Welchen Tipp würdest du ihm / ihr in Bezug auf Wortschatz geben?
Wo und wie hast du Deutsch gelernt? Welche Kurse hast du besucht? Welche Niveaustufe hast du erreicht: A1, A2, B1, B2, C1, C2? Hast du eine Prüfung abgelegt?
Was du mir sonst noch mitteilen möchtest:
Abb. 1: Vermittlung von Wortschatz: Fragebogen für Lernende (ohne einleitende Erläuterungen).

Die Befragung bestätigt unsere Annahme, wonach für die meisten Kursteilnehmer nicht die Perfektion ihrer Grammatikkenntnisse oder anderes im Vordergrund steht, sondern tatsächlich die Erweiterung des individuellen Wortschatzes.

Einige Antworten auf die Frage nach dem Stellenwert des Wortschatzes für den Lernenden (Frage 1 oben: Wie wichtig ist es für dich, über einen ,guten Wortschatz‘ im Deutschen zu verfügen?) sollen dies deutlich machen:
  • Sehr wichtig. Je breiter mein Wortschatz ist, desto besser kann ich meine Gefühle und Gedanken ausdrucken [...] und desto mehr ernst ich genommen werde.
  • Mir ist es sehr wichtig einen reichen Wortschatz in jeder Sprache (inkl. im Deutschen) zu verfügen. Das begründe ich […]
    • Man lässt sich durch das Verwenden relevanter Begriffe leichter verstehen. Ein gutes Beispiel dafür ist, wenn man gerade einen Vortrag hält: Wenn man dabei keine Wörter verwendet, die dem Kontext entsprechen, dann können die Zuhörer nicht gut folgen.
    • Wenn man ständig Sätze bildet wie „Ich habe einen Kurs gemacht (statt besucht)“, oder „Wir haben heute Messungen gemacht (statt durchgeführt)“, dann klingt die Sprache nicht schön und es ist nicht angenehm für die Zuhörer.
    • Wenn nicht die Wörter verwendet werden, die zum Kontext passen, dann versteht man auch nicht genau. Man druckt sich nicht in Nuancen aus, was zu Missverständnissen oder sogar Konflikten führen könnte.
  • Sehr wichtig. Ohne einen ,guten Wortschatz‘ kann ich nicht ausdrücken, was ich denke.
Der Wortschatz ist für die Kursteilnehmer also wichtiger als die Grammatik. Relativierend ist an dieser Stelle allerdings anzumerken, dass auf den Niveaustufen B2 und höher die grammatische Kompetenz jedenfalls so gut entwickelt ist, dass Fehler auf eben dieser sprachlichen Ebene kaum zu Verständnisproblemen beim Adressaten führen. Dies mag die Priorität eines ,guten‘ Wortschatzes in den Antworten der Lernenden mitbegründen. Zudem wird im Fragebogen nach den persönlichen Wünschen der Teilnehmer gefragt, nicht hingegen danach, was ihrer Meinung nach – z. B. im Hinblick auf eine Zertifikatsprüfung – trainiert werden sollte.

Um die Fragen, was erfolgreichen Wortschatzerwerb auszeichnet und welche Anforderungen Wortschatzarbeit2 an Lernende und Lehrende stellt, beantworten zu können, ist vorab zu betonen, dass der Wortschatz einer Einzelsprache niemals vollständig beherrscht werden kann. Selbst unser muttersprachlicher Wortschatz erweitert sich ein Leben lang. Er ist dabei immer auch den individuellen Bedürfnissen angepasst. Unsere Aussprache sowie unsere grammatische Kompetenz hingegen sind mit Abschluss der Spracherwerbsphase weitgehend fixiert. Damit nimmt der Wortschatzerwerb innerhalb des Spracherwerbsprozesses eine Sonderstellung ein.

Gleichzeitig aber ist der Erwerb eines umfangreichen Wortschatzes wesentlich für einen erfolgreichen Austausch in der Fremdsprache. So stehen auch die Teilkompetenzen Lesen und Schreiben in einem direkten Zusammenhang mit dem Umfang des Wortschatzes. Zu Recht äußern Baker, Simmons & Kameenui:
The relation between reading comprehension and vocabulary knowledge is strong and unequivocal. Although the precise causal direction of the relation is not understood clearly, there is evidence that the relation is largely reciprocal. (Baker, Simmons & Kameenui 1998: 210)
Fisher & Frey vertreten die Ansicht, „[T]he more words a person knows, the better he is at writing“ (Fisher & Frey 2008: 6). Auch Thornbury (2002: 13) betont, wie wichtig Wortschatzerwerb ist und belegt dies mit Zitaten. So verweist er u.a. auf Wilkins, der den Grammatikerwerb in seine Überlegungen explizit einbezieht: „Without grammar very little can be conveyed, without vocabulary nothing can be conveyed“ (Wilkins 1972: 111). Diese Sichtweise, verbunden mit einer Empfehlung, findet er auch in Dellar & Hocking:
If you spend most of your time studying grammar, your English will not improve very much. You will see most improvement if you learn more words and expressions. You can say very little with grammar, but you can say almost anything with words! (Dellar & Hocking 2000: 22)
Nicht zuletzt schreiben auch Swan & Walter in der Einleitung des Cambridge English Course „[V]ocabulary acquisition is the largest and most important task facing the language learner.“ (Swan & Walter 1984: vii).

Die Vorrangstellung des Wortschatzerwerbs in den Empfehlungen ist besonders dann nachvollziehbar, wenn man annimmt, dass dieser auch mit dem Erwerb von Strukturen einhergeht; dann nämlich, wenn der Wortschatzerwerb – wie nicht nur hier empfohlen – in einem adäquaten Kontext stattfindet, die Lexeme also sinnvoll eingebettet sind: Beim Lernen von Wortschatzlisten in seiner Reinform ist dies nicht der Fall, worin eine große Schwäche dieses Vorgehens zu sehen ist. In diesem Sinne empfiehlt aus einem globalen Blickwinkel etwa Tschirner (2005: 13) das Einheitenlernen (das Lernen von chunks) weiterführend zu nützen und im Unterricht an diesem Punkt anzusetzen. Es stellt dies eine Möglichkeit dar, Grammatikerwerb – in diesem Falle ausgehend von einzelnen Lexemen – zu fördern und so den Spracherwerbsprozess um einen Ansatz bzw. eine Methode zu bereichern.

3 Wortschatzerweiterung und -vertiefung. Aber: Welche Wörter?

Die Beobachtung, wonach der Wortschatz niemals vollständig beherrscht werden kann, hat für die Beantwortung der Fragen, was erfolgreiche Wortschatzarbeit auszeichnet und welche Anforderungen sie an Lernende und Lehrende stellt, Konsequenzen: Selbst in einem C1-Kurs sind nicht alle Wörter relevant und können nicht alle Wörter relevant sein, die für den Lernenden neu sind. Die Frage, welche Wörter relevant sind, ist aber essentiell, denn erfolgreiche Wortschatzarbeit zu fördern und zu begleiten, bedeutet nicht nur mit Hilfe geeigneter Methoden den Lernenden das Memorieren zu erleichtern, sondern auch und vor allem den Aufbau eines zweckmäßigen Wortschatzes zu begleiten. In diesem Zusammenhang ist die Bemerkung bei Fisher & Frey interessant. Sie fordern Intentionalität bei der Wortschatzarbeit und erklären: „Make it Intentional. First and foremost we have to intentionally select words that are worth teaching“ (Fisher & Frey 2008: 15).

Bei der Unterrichtsgestaltung orientieren sich Lehrende im Allgemeinen an den Zielen, die der Kurs laut Lehrplan verfolgt, und diese sind ihrerseits meist auf die Erreichung der nächsthöheren Stufe des GeR ausgerichtet. So wird man in einem C1-Kurs darauf achten, mit den Lernenden die vier Fertigkeiten dahingehend zu trainieren, dass sie den Anforderungen der C1-Prüfung gerecht werden. Inwieweit der GeR nun für die Beantwortung der Frage nach der Wahl der Wörter bei der Wortschatzarbeit herangezogen werden kann, wird gleich erläutert. Daneben hat aber auch jeder Kursteilnehmer - nicht zuletzt bezogen auf den Wortschatz - individuelle Vorstellungen und Ziele, die es gilt und die es wert sind, berücksichtigt zu werden, denn gerade mit diesen ist potenzielle intrinsische Motivation der Lernenden verbunden.

3.1 Wortschatzanforderungen laut GeR
Für den Wortschatz reicht eine Orientierung am GeR aus mehreren Gründen nicht hin. Wie bekannt, orientiert sich der GeR an den vier Fertigkeiten Hören, Lesen, Sprechen und Schreiben. Dem Thema Wortschatz kommt hingegen kein eigener Punkt zu. Bei genauerer Recherche finden sich folgende Tabellen:

Vocabulary Range
C2
Has a good command of a very broad lexical repertoire including idiomatic expressions and colloquialisms; shows awareness of connotative levels of meaning.
C1
Has a good command of a broad lexical repertoire allowing gaps to be readily overcome with circumlocutions; little obvious searching for expressions or avoidance strategies. Good command of idiomatic expressions and colloquialisms.
B2
Has a good range of vocabulary for matters connected to his field and most general topics? [sic] Can vary formulation to avoid frequent repetition, but lexical gaps can still cause hesitation and circumlocution.
B1
Has a sufficient vocabulary to express him/herself with some circumlocutions on most topics pertinent to his everyday life such as family, hobbies and interests, work, travel, and current events.
A2
Has sufficient vocabulary to conduct routine, everyday transactions involving familiar situations and topics.
Has a sufficient vocabulary for the expression of basic communicative needs.
Has a sufficient vocabulary for coping with simple survival needs.
A1
Has a basic vocabulary repertoire of isolated words and phrases related to particular concrete situations.
Tab. 1: ,Vocabulary Range‘. Erläuterungen zum Wortschatz laut GeR3

Vocabulary Control
C2
Consistently correct and appropriate use of vocabulary.
C1
Occasional minor slips, but no significant vocabulary errors.
B2
Lexical accuracy is generally high, though some confusion and incorrect word choice does occur without hindering communication.
B1
Shows good control of elementary vocabulary but major errors still occur when expressing more complex thoughts or handling unfamiliar topics and situations.
A2
Can control a narrow repertoire dealing with concrete everyday needs.
A
No descriptor available.
Tab. 2: ,Vocabulary Control‘. Erläuterungen zum Wortschatz laut GER/CEFR4

In beiden Tabellen wird aus der Anwenderperspektive beschrieben, für welche kommunikativen Zwecke der Wortschatz bei Erreichen der einzelnen Niveaustufen hinreicht. Die erste der beiden Tabellen (Tab. 1) erläutert dies inhaltlich, die zweite (Tab. 2) beschreibt den Korrektheitsgrad, der bei der Verwendung zu erreichen ist. Eine Spezifizierung des Wortschatzes selbst wird nicht getroffen.5 Auch anderswo ist eine Spezifizierung kaum zu finden, und dies ist nicht ohne Grund so.

3.2 Lehrwerke
Im Unterricht dient vielfach das verwendete Kursbuch als „heimlicher Lehrplan“ und gibt somit den zu lernenden Wortschatz vor. Doch auch dieses ist in Hinblick auf den Wortschatz nicht der Weisheit letzter Schluss. Meist greifen Kursbücher in unterschiedlichen Lektionen Themen von allgemeinem Interesse auf und vertiefen diese. Die Fokussierung auf spezifische Themenbereiche gibt dem Kurs zwar Struktur, und der Lerner kann die Wörter des entsprechenden Gebietes aus lernpsychologischer Warte aufgrund der kontextuellen Einbettung gut verarbeiten. Letztlich gilt es aber, nicht nur die Wörter dieser (relativ wenigen) Themenbereiche zu erwerben.

3.3 Wortlisten und Lernwortschätze
Ergänzend kann die intensive Beschäftigung mit einem Lernwortschatz empfohlen werden. Entsprechende Wortlisten sind allerdings meist sehr umfangreich, was per se jedoch nicht negativ zu beurteilen ist. Dass diese frequenzbasierten Wortlisten den individuellen Bedürfnissen des Lernenden nicht angepasst sind, macht diese allerdings zusammen mit ihrem listenartigen Aufbau ebenfalls nicht zu dem idealen Mittel der Wahl.

Insgesamt muss in Hinblick auf Grund- und Aufbauwortschätze auch festgehalten werden, dass die Häufigkeit eines Lexems nicht allein über die Notwendigkeit, dieses zu erwerben, entscheiden kann. Hierzu ist auch die folgende Bemerkung in einem Handbuch zum Lehren und Lernen von Wortschatz aufschlussreich:
The contents of frequency counts should not be accepted uncritically or used dogmatically to dictate lexical grading. Their value must be judged against the source of the data and criteria governing inclusion of the data, as this may greatly affect their relevance to your students. For example, the bias towards the written word upon which frequency counts are based may obviously conflict with the usefulness of items in spoken English. And even if we accept the legitimacy of the items included, there will still be occasions when usefulness is not determined by frequency. An item of low frequency may be vital if it is the only word that expresses a particular semantic value and cannot be paraphrased easily. We have found, both as teachers and learners, that an ‘adaptor’ for electrical appliances is a very useful item when travelling in a foreign country but it is not an item of vocabulary that appears in many word-counts or low level course books. It exemplifies the type of item that has a high frequency in certain situations although the overall frequency may be very low. The converse of this situation is where knowledge of one particular item will satisfactorily cover the meaning of the other items and so render them redundant. For receptive purposes it may be useful to know ‘sweater’, ‘jumper’ and ‘pullover’, but for productive purposes one of those words should be sufficient. (Gairns & Redman 1998: 58ff)
Über die Häufigkeit eines Wortes - und damit seine Position in einem Grund- bzw. Aufbauwortschatz - entscheidet das herangezogene Korpus. Dieses sollte in Hinblick auf den angestrebten Anwendungsbereich bzw. die jeweilige Zielgruppe gut überlegt und entsprechend abgestimmt sein. Ist dies nicht der Fall, kann ein Wort trotz großer Häufigkeit im Korpus und prominenter Position im Lernwortschatz für den Lernenden irrelevant sein und umgekehrt.

Viele Lernwortschätze sind bekanntlich unterteilt in einen thematisch gegliederten Grund- und Aufbauwortschatz. Dabei spezifiziert der Grundwortschatz, welche lexikalischen Einheiten ein gegebener Lerner im Grundkurs bereits beherrschen sollte. Aber auch wenn entsprechend einem höheren Kursniveau ein Aufbauwortschatz herangezogen und den Lernenden zum Studieren aufgetragen wird, kommt es häufig vor, dass ein Lexem dem einen Kursteilnehmer bekannt, für den anderen hingegen gänzlich neu ist und umgekehrt. Derartige Grund- und Aufbauwortschätze sind für den Lernenden im Selbststudium lohnende Begleiter; im Kurs aber muss Wortschatzarbeit anders betrieben werden. Sinnvolle Wortschatzarbeit - und insbesondere sinnvolle Wortschatzerweiterung und -vertiefung (siehe dazu Kap. 4.2) - findet nicht durch die Beschäftigung mit Wortlisten statt6.
Andererseits führt es auch nicht zum Erfolg, wenn man sich allein darauf verlässt, dass ein umfangreicher und differenzierter Wortschatz gleichsam nebenher erworben wird, etwa beim Lesen: Beiläufiger Wortschatzerwerb beim Lesen findet generell – dies sei ergänzend betont (z.B. Tschirner 2005: 2ff) - erst ab einem Grundwortschatz von 5000 Lexemen wirklich statt7.

4 Was ist ein ‚guter’ Wortschatz?

4.1 Gedanken und Visionen von Lernenden
Neben der Frage, welche Richtlinien und welche Hilfsmittel für Wortschatzarbeit bereitstehen, wurde von uns hinterfragt, was es für Lernenden bedeutet, über einen ,guten‘ Wortschatz zu verfügen. Sich selbst in einer Situation mitzuteilen und seine kommunikativen Ziele erreichen zu können, scheint dabei das Maß der Dinge für die Lernenden zu sein:
  • Ich glaube, wenn man ihre eigenen Gedanken / Ideen an andere Menschen beschreiben kann, so wie man es sich vorgestellt hat, dann kann man sagen das ihren Wortschatz gut oder genug ist.
  • Das passende Wort in der passenden Situation verwenden zu können.
  • Für mich persönlich wäre, wenn ich jedes Wort bei dem Nachrichten (im Fernsehen oder Radio) verstehe. Und wenn ich problemlos in einem Bank oder über dem Telefon meine Wünsche ausdrucken könnte.8

4.2 Was ist eigentlich Wortschatzerwerb?
Die Fähigkeit, sich in unterschiedlichsten Situationen unmissverständlich mitteilen zu können, gilt also als Kontrollgröße, wenn es um die Definition eines ,guten‘ Wortschatzes geht. Darüber hinaus ist aber auch zu klären, was Wortschatzerwerb eigentlich ausmacht und wann ein Lexem tatsächlich als erworben gelten kann.

Unter Wortschatzerwerb ist gewiss mehr zu verstehen, als das Abspeichern einer reinen Äquivalenzliste (vgl. dt. Handy = engl. mobile), die es per se über weite Strecken nicht gibt. Man vergleiche dazu folgendes Beispiel: Dt. Läufer ist nicht immer mit engl. runner gleichzusetzen; es kann auch dem engl. Lexem carpet im Einrichtungskontext, engl. bishop beim Schach, oder anderem entsprechen. Das deutsche Lexem Läufer ist somit polysem. Es hat eine Vielzahl an Bedeutungen, die sprachspezifisch sind und die von der Ausgangssprache des Lernenden ganz oder teilweise geteilt werden. Allein mit dem Wissen über die Entsprechung dt. Läufer = engl. runner kann das Lexem somit gewiss nicht als erworben bezeichnet werden.

Grundsätzlich wird das Wissen über Wörter im mentalen Lexikon gespeichert, das im Langzeitgedächtnis des Menschen angesiedelt ist. Wie komplex dabei der Erwerb eines Lexems ist, zeigt Nation eindrucksvoll mit der folgenden hier wiedergegebenen Tabelle (Nation 2001: 26f.; vgl. zum Folgenden auch die Darstellung in Alves-Bergerhoff 2013):

Form
spoken
R
What does the word sound like?
P
How is the word pronounced?
written
R
What does the word look like?
P
How is the word written and spelled?
word parts
R
What parts are recognisable in this word?
P
What word parts are needed to express the meaning?
Meaning
form and meaning
R
What meaning does this word form signal?
P
What word form can be used to express this meaning?
concept and referents
R
What is included in the concept?
P
What items can the concept refer to?
associations
R
What other words does this make us think of?
P
What other words could we use instead of this one?
Use
grammatical functions
R
In what patterns does the word occur?
P
In what patterns must we use this word?
collocations
R
What words or types of words occur with this one?
P
What words or types of words must we use with this one?
constraints on use (register frequency …)
R
Where, when and how often would we expect to meet this word?
P
Where, when, and how often can we use this word?
Tab. 3: ,What is involved in knowing a word‘ (Nation 2001: 27).

Nation schlüsselt das, was ein Lexem zu kennen impliziert, in die Bereiche Form, Bedeutung und Gebrauch auf und extrahiert - etwa für den Bereich Form - drei Subkategorien, die die phonetische Form, die orthographische Form und die Wortbildung berücksichtigen. So zeigt er, was es bedeutet, ein Lexem vollständig zu kennen: eine Vielzahl an Fragen auf rezeptiver wie produktiver Ebene (unbewusst) beantworten und entsprechend sprachlich handeln zu können.
Die - potentiell komplexen - Bedeutung(en) eines Lexems allein zu kennen, reicht nicht hin: Neben der eigentlichen Hauptbedeutung - der denotativen Bedeutung -, gilt es, die assoziativ-emotionale Nebenbedeutung - die konnotative Bedeutung -, die subjektiv zweckgebundene Nebenbedeutung - die intentionale Bedeutung - sowie die kulturspezifische Bedeutung zu kennen9 und auch über die Registerfrage informiert zu sein. Darüber hinaus muss der Lernende ein geschriebenes Wort, wird er damit rezeptiv konfrontiert, dekodieren können, und er muss seine phonologische Form kennen, um es laut lesen oder im Gespräch später nutzen zu können. Umgekehrt ist es für die weitere schriftliche Nutzung bei Erstkontakt mit der mündlichen Form nötig, dass der Lerner das Wort verschriftlichen kann. Zudem ist die Kenntnis der morphologischen und syntaktischen Verwendung des jeweiligen Lexems erforderlich, die Kenntnis der Wortklasse, der Verwendungsmöglichkeit und das Wissen über die syntagmatische Kombinierbarkeit: So ,wackelt‘ im Deutschen der Zahn, im Italienischen ,tanzt‘ er (,il dente balla‘). Wissen über die syntagmatische Kombinierbarkeit zu erlangen, bedeutet sogar noch mehr: Nicht nur, auf lexikalisch/semantischer Ebene zu wissen, dass ein Zahn ,wackelt‘ und nicht ,tanzt‘, sondern auch zu wissen, wie ein Lexem in grammatischer Hinsicht zu kombinieren ist (vgl. ital. aiutare + Akk. vs. dt. helfen + Dat.).

5 Wortschatzarbeit in der Unterrichtspraxis

5.1 Grundsätzliches
Bei der Wortschatzarbeit geht es – vor allem auf den höheren Spracherwerbsstufen - nicht unwesentlich um Wortschatzvertiefung, also um die „Verfeinerung des Bedeutungsprofils bereits erworbener Sprachzeichen“ (Ulrich 2006: 818). Wort um Wort dazuzulernen und den Wortschatz quantitativ zu erweitern, kann nicht das alleinige Ziel sein. Auf höheren Erwerbsstufen sollte Wortschatzarbeit auch und vor allem in die Tiefe gehen, und die Verwendung der Sprachzeichen sollte trainiert werden. Zentral ist dabei – und hierin ist man sich in der didaktischen Diskussion weitgehend einig (z.B. Alves-Bergerhoff 2013, Burwitz-Melzer & Quetz 2002, Grinstead 1915, Nation 2001, Reinisch 2011) - die vielfältige Einbettung der Wortschatzarbeit in den Kompetenzerwerb.10
Words need to be presented in their typical contexts, so that learners can get a feel for their meaning, their register, their collocations, and their syntactic environments.
(Thornbury 2002: 30)
Inzidentelles Lernen - also Lernen ohne bewussten Aneignungsprozess - findet zwar bei der Textrezeption statt, doch geschieht das, wie auch Kölle et al. mit Bezugnahme auf das Lesen für den Muttersprachenerwerb bemerken, „in vorläufiger und unvollständiger Form“ (Kölle et al. 2011: 6). Auch Folgebegegnungen führen nach den Autorinnen eben dieser Handreichung zum Grundwortschatzerwerb in der L1 (Kölle et al. 2011: 6) nicht allein zur Anreicherung und Erweiterung des impliziten Bedeutungswissens. Dies ist auch für den Zweitspracherwerb anzunehmen. Daher ist zu empfehlen, die Aufmerksamkeit der Lernenden aktiv auf den Wortschatz zu richten. (vgl. auch Kap. 3.3)

Schenkt man beispielsweise der Subset Hypothesis (Paradis 1987) Glauben, in deren Rahmen die Verknüpfung des Lexems in der L2 mit dem entsprechenden Lexem in der L1 als wesentlich erachtet wird – mitunter, weil der Hypothese zufolge alle lexikalischen Einheiten in einem sprachunabhängigen übergeordneten Speichersystem abgelegt sind –, erweist sich aber doch insbesondere die Häufigkeit des lexikalischen Zugriffs als entscheidend für das Memorieren eines neuen Lexems: Die Häufigkeit des lexikalischen Zugriffs sorgt für die netzwerkartige Verknüpfung (vgl. Alves-Bergerhoff 2013: 100ff und die Verweise dort) und die Speicherung im Langzeitgedächtnis. Zudem wären dieser Theorie nach kontrastive Phasen im Unterricht sinnvoll. Anzuregen sind Unterrichtsphasen, in denen die Bedeutung von Lexemen in der L2 explizit der Bedeutung von Lexemen in den diversen L1 der Lernenden gegenübergestellt wird.

Eine Bezugnahme auf die Muttersprache ist möglicherweise auch deshalb nicht so negativ einzuschätzen wie bisweilen in den letzten Jahrzehnten, weil der L2-Lerner gerade durch die L1 über ein Weltwissen verfügt, das ihm bei der Abspeicherung des neuen Wortes helfen kann:
Eine Besonderheit des Erwerbs der Muttersprache ist, dass man gleichzeitig mit den Wörtern auch die Welt kennen lernt, Konzepte lernt und Weltwissen aufbaut. Man lernt, was ein Baum ist, ein Busch oder ein Strauch, dass einige Bäume Blätter haben, andere Nadeln; man lernt, welche Mahlzeit „Frühstück“ heißt und welche „Abendessen“. Dabei lernt man auch, was man zu diesen Mahlzeiten isst und trinkt, und zwar zu Hause, aber auch bei anderen Leuten oder im Hotel. Man lernt aber Wörter nicht nur für Dinge, sondern auch für Konzepte, die kein sichtbares Korrelat in der Wirklichkeit haben. Solche Konzepte wie lieb haben, fleißig, frech versteht man oft aus einer Situation heraus; nur selten werden sie explizit erklärt […]. (Burwitz-Melzer & Quetz 2002: 149)
Für den Aufbau eines Wortschatzes in einer L2 halten u.a. Burwitz-Melzer & Quetz deshalb den Transfer aus der L1 für wesentlich:
Beim Aufbau eines zielsprachigen mentalen Lexikons geht es […] darum, das bereits vorhandene Weltwissen der Lernenden, das mit ihrer Muttersprache zusammen erworben wurde, mit neuen Lautketten der Zielsprache und den damit verbundenen – eventuell abweichenden – Konzepten zusammenzubringen. Das kann ein einfacher Prozess der ‚Um-Etikettierung‘ sein, wenn es sich z.B. um eine genau definierte Fachterminologie handelt oder um Konzepte, die in vielen Sprachen identisch sind (Kugelschreiber […]); es kann aber auch bedeuten, dass man im Kern der Wortbedeutung eine semantisch identische Schnittmenge (Universalie) vorfindet (Frühstück, breakfast, petit-déjeuner, prima collazione, ... sind jeweils die erste Mahlzeit des Tages), der Begriff aber kulturell ganz verschieden ausgeformt ist (Müsli oder Kaffee plus Marmeladenbrötchen vs. cereals, porridge, bacon and eggs in England oder – in den USA – gewaltige Mengen von bagels, pancakes, hashbrowns und anderen Dingen, in Frankreich oder Italien hingegen eine Tasse espresso mit einem croissant oder einem frugalen Stückchen Weißbrot). Es kann aber auch bedeuten, dass man völlig neue Konzepte aufbauen muss, weil die aus der Zielsprache in der Muttersprache gar nicht existieren (etwa bei der Zielsprache Deutsch: Gemütlichkeit, Heimat und viele andere). (Burwitz-Melzer & Quetz 2002: 153)11
Insgesamt kann festgehalten werden, dass nicht nur eine gewisse Breite, sondern vor allem auch eine gewisse Tiefe im L2-Wortschatzerwerb anzustreben ist. Diese gilt es, durch überlegte unterschiedliche Einbettung der Wortschatzarbeit in den Kompetenzerwerb sowie durch wiederholte Verwendung der Lexeme in unterschiedlichen Kontexten zu erreichen.

5.2 Über das Bewusstmachen lexikalischer Lücken
Wie in Kap. 5.1 dargelegt, sollte bei der Wortschatzarbeit nicht nur der Erwerb unbekannter, neuer Wörter fokussiert werden. Es ist lohnend, mit bekannt geglaubten Wörtern zu arbeiten und sich mit deren Verwendung zu befassen.

Unter Umständen fällt den Lernenden nicht auf, dass sie ein Lexem nicht oder zumindest nicht semantisch exakt kennen. Texte und Hörübungen etwa enthalten für Sprachlernende – auch wenn diese bereits über ein hohes fremdsprachliches Niveau verfügen – meist unbekannte oder nur oberflächlich bekannte Wörter. In vielen Fällen können Lernende deren Sinn aus dem Kontext erschließen, und das macht es für sie nicht mehr notwendig, die konkrete Bedeutung des einzelnen, unbekannten Lexems in Erfahrung zu bringen.

Für die Entschlüsselung setzen die Lernenden also auf eine Strategie. Die Anwendung dieser Strategie zeugt gewiss von Sprachbewusstsein und rezeptiver Kompetenz. Diese Strategie soll im Folgenden keineswegs geschmälert werden; allerdings bleibt die exakte Bedeutung eines Lexems unter Umständen gerade durch die erfolgreiche Anwendung dieser Strategie verborgen. Durch Nachfragen oder spezielle Übungen können derartige lexikalische Lücken bewusst gemacht werden. Auch beherrschen Lernende gewisse Wörter vielfach zwar rezeptiv, nicht aber produktiv, was im Zuge der Wortschatzarbeit geändert werden kann.

Nun kann die (Tiefe der) Kenntnis der Wortbedeutung überprüft werden. Lücken können bewusst gemacht werden; etwa indem der Lehrende nach der Lektüre eines kurzen Artikels – oder auch nach einer rezeptiven Sprachübung – mit oder ohne Bezugnahme auf einen bestimmten Textabschnitt den Lernenden durch Zuhilfenahme einer Umschreibung nach einem konkreten im Text enthaltenden Begriff oder einer Redensart fragt. Diese Vorgangsweise hat allerdings diverse Mängel:12
  1. Der Lehrende entscheidet über den zu erwerbenden Wortschatz. Gerade im DaF / DaZ-Bereich werden Lehrende aber - auch aufgrund der Trennung zwischen Lehrperson und Prüfer - häufig als Begleiter wahrgenommen, die eine vorrangig unterstützende, nicht jedoch bestimmende Funktion haben. Einer solchen positiven Konnotation des Lehrenden läuft unseres Erachtens nun ein lehrerzentrierter Unterricht entgegen, wie er durch Forcierung solcher und ähnlicher Entscheidungen durch den Lehrenden gefördert wird.

  1. Der Lehrende fragt nach Begriffen, die der Lernende für sich und seine Lebenswelt möglicherweise als irrelevant erachtet. Erwirbt der Lerner das entsprechende Sprachzeichen, so ist fraglich, welchen Mehrwert das für ihn hat. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, ein Lexem zu erarbeiten, das in der Welt des L2-Lerners von untergeordneter Wichtigkeit ist. Idealerweise sollten aber Lexeme diskutiert werden, deren Kenntnis für den Lerner einen unmittelbaren Nutzen bedeuten.
Vor diesem Hintergrund ist eine Lernsituation anzustreben, in der der Lernende seine lexikalischen Lücken im Unterricht selbstständig erkennt und sich selbst die Aufarbeitung dieser Lücken zum Ziel setzt.

5.3 Die Rolle der Motivation und die Nutzung dieser im Unterricht
Die Motivation des Lernenden, sich ein Lexem einzuprägen, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Auch Lernende wissen um die Bedeutung der Motivation - auch ohne direkt auf diesen Faktor angesprochen zu werden. Man vergleiche hierzu die folgende Bemerkung einer ehemaligen Kursteilnehmerin, formuliert als Antwort auf die Frage 9 des Fragebogens oben (Welche Methoden eignen sich für dich persönlich am besten, um den Wortschatz zu erweitern und zu vertiefen?):
Ich muss einen Motiv haben, ein neues Wort zu lernen – z.B. ich muss das Wort brauchen um eine Geschichte zu erzählen, oder wenn ich meine Meinung oder Gefühle ausdrucken möchte. Dann lerne ich das neue Wort schnell. Oder wenn jemand eine Geschichte oder Witz erzählt, und ich verstehe alles außer ein Wort - dann kläre ich die Bedeutung des Wortes mit meinem Mann und merke ich auch das Wort ganz einfach und schnell...weil die Bedeutung fast schon verstanden (in dem Zusammenhang) war. […] Ja, wie gesagt: die Wörter brauchen einen Zweck oder Grund, warum man sie lernen muss. ... einfach ,so‘ geht nicht.
Die Bemerkung der Kursteilnehmerin entspricht im Wesentlichen der wissenschaftlichen Erklärung von Motivation. So erläutert Gardner:
Motivation involves four aspects: a goal, effortful behaviour, a desire to attain the goal in question, and favourable attitudes towards the activity in question. (Gardner 1985: 50)
Das Lehrziel sollte also mit dem Lernziel des Kursteilnehmers weitgehend identisch sein. Zudem ist eine angemessene Arbeitsbereitschaft notwendig, um ein Lernziel auch tatsächlich zu erreichen.

Gerade weil Motivation für einen erfolgreichen Lernprozess wesentlich ist, erscheint es günstig, die Rolle des Fragenden (meist der Lehrende) und diejenige des Antwortenden (meist der Lernende) zu vertauschen. Konkret wird daher vorgeschlagen, im Anschluss an Phasen rezeptiven Fertigkeitstrainings Lernende dazu aufzufordern, selbst Fragen zu stellen. So können sich diese entweder nach Lexemen erkundigen, die sie selbst nicht kennen, oder nach solchen, die sie für sich und die anderen Kursteilnehmer als relevant, aber schwierig erachten und / bzw. deren exakte Bedeutung ihnen nicht klar ist. Dabei kann der Lehrende die Gruppenmitglieder anleiten, sich - wenn möglich - gegenseitig zu unterstützen und sich wechselseitig Begriffe zu erklären. Bei diesem Vorgehen zeigen die Lernenden selbst auf, welche Wörter sie interessieren und welche sie erwerben möchten. Sie üben sich zudem im Umschreiben, indem sie ihren Kollegen die Bedeutung diverser Lexeme mit anderen Worten erklären. Auch die Erarbeitung von beispielsweise Synonymen, Antonymen und Hyponymen (vgl. 5.5) ist spontan möglich und kann das semantische Verständnis stützen. Der Wortschatzarbeit sollte im Rahmen produktiver Unterrichtsphasen jedenfalls eine entsprechende Rolle zugewiesen werden, die über die schlichte Beantwortung von Wortschatzfragen hinausgeht. Dabei spielt u. E. die Frage, ob die Wörter zum Grundwortschatz, Aufbauwortschatz oder Erweiterungswortschatz gehören, nur eine periphere Rolle.

Eine ähnliche Vorgehensweise kann in Unterrichtsphasen aktiver Sprachproduktion angewandt werden. Sind die Lernenden dazu angehalten, im Kurs einen Text zu verfassen oder mündlich Sprache zu produzieren, so stoßen sie selbst auf eigene, individuelle lexikalische Lücken. Intrinsisch motiviert, fragen sie in einer entsprechend geschaffenen Lernsituation nach den gesuchten Begriffen, indem sie diese umschreiben, oder schlagen diese in einem Wörterbuch nach. Werden diese in Erfahrung gebrachten Wörter mit der Gruppe geteilt und besprochen, haben deren Mitglieder wiederum die Möglichkeit, ihren individuellen Wortschatz um jene Wörter zu erweitern, die auch sie gerade benötigen oder verwenden können.

5.4 Geeignete Übungsformen
Als besonders günstig für erfolgreiche Wortschatzerweiterung und Wortschatzvertiefung erweisen sich nach Meinung der befragten Deutschlernenden produktive Sprachübungen, bei denen die Kursteilnehmer Zeit zur Vorbereitung haben. Die befragten DaF- / DaZ-Lerner nannten insbesondere folgende Übungsformen:
  • Spontanreferat zu einem speziellen Thema
  • spontane schriftliche Produktion (Darstellung der eigenen Meinung) zu einem bestimmten Thema
  • Rollenspiel (sehr häufig genannt)

Das Rollenspiel erweist sich als Übungsform, die bei zielgruppenadäquater Thematik die Lernenden äußerst erfinderisch werden lässt. Insbesondere Rollenspiele, bei denen die gegnerische Partei von einer Meinung überzeugt werden kann und soll, gehen dabei mit großer Motivation der Lerner einher. Als motivierend erweist es sich auch, wenn im Zuge des Rollenspiels ein imaginärer Gewinn möglich ist. So kann z.B. der Einzelne bei einer Nachlassaufteilung unter diversen (skurrilen), Ansprüche stellenden Persönlichkeiten ein größeres oder kleineres Erbe für sich erzielen (vgl. das Rollenspiel Tante Ernas Testament – Kap. 5.5, Abb. 2). Die Übernahme einer Rolle kann zudem Sprechhemmungen reduzieren. Voraussetzung hierfür ist eine harmonische Gruppenatmosphäre. Rollenspiele im eigenen Unterricht liefen im dargestellten Falle folgendermaßen ab:
  • Ausgabe der Angabenblätter (mit Informationen zum Rollenspiel und zu den einzelnen Rollen) und Erklären des Rollenspiels;
  • Vergabe der Rollen und Auflistung der Rollenverteilung an der Tafel;
  • Individuelle Vorbereitung der Teilnehmer. Nachschlagen von Wörtern oder deren Erfragen bei der Lehrperson. Diese Phase läuft weitgehend leise ab, da kein Teilnehmer seine Argumente bereits vor Beginn des Rollenspiels offenlegen möchte.
  • Rollenspiel (Aufführung)
  • Audio- oder Videoaufnahme des Rollenspiels;
  • Analyse des Rollenspiels; Ergänzung neuer Wörter an der Tafel und Ausgestaltung des Tafelbildes.


5.5 Schriftliche Fixierung
Die schriftliche Fixierung zeigt in vielfacher Hinsicht positive Wirkung: Grundlegend wird durch das Festhalten der Lexeme an der Tafel deren Wichtigkeit verdeutlicht. Die Verschriftlichung zeigt die korrekte orthographische Form, fördert die Memorierung des Lexems durch die Lernenden und unterstützt insbesondere den visuellen Lerntyp.

Ausgehend von einem an der Tafel notierten Lexem, kann in der Gruppe systematische Wortschatzarbeit betrieben werden. Neben einer Definition können spontan Hyponyme, Hyperonyme, Synonyme oder Antonyme gesucht, Nomen bzw. Verben um typische Nomen-Verbverbindungen (Kollokationen) ergänzt, Redewendungen, die das betreffende Lexem enthalten, notiert werden sowie Wortigel oder auch Mind-Maps erstellt werden. Die Lernenden übertragen das Tafelbild in ihre eigenen Unterlagen oder machen sich den individuellen lernersprachlichen Bedürfnissen entsprechend Notizen.

Ein in der beschriebenen Art und Weise entstandenes Tafelbild kann dabei wie folgt aussehen:
Abb. 2: Tafelbild entstanden im Zuge des Rollenspiels Tante Ernas Testament. In: Perlmann-Balme & Schwalb 2009: 30.
5.6 Repetitio varia est mater studiorum
Für die Memorierung eines sprachlichen Zeichens ist dessen wiederholtes Auftreten entscheidend. Ohne nennenswerten Aufwand lässt sich dabei die folgende Methode zur Wortwiederholung anwenden: Zu Beginn jeder Unterrichtseinheit ziehen die Kursteilnehmer Kärtchen. Auf diesen sind (zwei) Wörter notiert, die in einer vorhergehenden Stunde erarbeitet worden sind. Abwechselnd erklären die Lernenden jeweils ein auf dem Kärtchen notiertes Wort, ohne Teile davon zu benutzen - bei zwei Wörtern gibt es zwei Durchgänge. Die anderen Teilnehmer versuchen, dieses Wort zu erraten. Da die Begriffe bekannt sein sollten, nimmt diese Übung im Allgemeinen wenig Zeit in Anspruch. Die Übung dient so gleichermaßen der Wiederholung und dem Einstieg in eine neue Unterrichtseinheit. Auch eine thematische Anknüpfung an die vorhergehende Einheit ist auf diese Weise möglich. In den ersten fünf bis zehn Minuten produziert so jeder Teilnehmer sprachliche Äußerungen. Zudem motiviert die routinemäßige Ausführung dieser Übung die Lernenden, sich neue Wörter zu notieren und sich diese einzuprägen. Der spielerische Charakter dieser Übung lockert den Unterricht auf, gleichzeitig spornt die Aussicht auf das Erraten eines Begriffes - und damit die Aussicht auf einen Rundensieg – die Lernenden an.

Mit den im vorliegenden Beitrag dargelegten Überlegungen zur Wortschatzarbeit wird versucht, die intrinsische Motivation der Lernenden mit spielerischen Elementen sowie dem Aspekt abwechslungsreicher Wiederholung zu verbinden und so einen positiven Beitrag zur Wortschatzerweiterung bzw. Wortschatzvertiefung zu leisten. Insgesamt wird die Chance auf eine dauerhafte Memorierung von Lexemen hier höher eingeschätzt, wenn das Interesse an den einzelnen zu erwerbenden Lexemen - und damit das Interesse an einer individuellen Wortschatzerweiterung - von den Lernenden selbst ausgeht, weil diese dann aus sich heraus – also intrinsisch – motiviert sind. Ein vergleichbarer Effekt kann durch das Lernen vorgegebener Wortlisten wohl nicht erreicht werden. Zudem erscheint eine Ausgangssituation hilfreich, in der neue zielsprachliche Lexeme produktiv oder rezeptiv in einen Text oder Redefluss eingebettet sind und systematisch erklärt und erarbeitet werden. Das schriftliche Festhalten und Wiederholen unbekannter zielsprachlicher Lexeme sowie die Integration dieser in neue, produktive Sprachäußerungen erhöhen die Behaltenschance auf Seiten der Lerner.

Wortschatzarbeit wird hier als zentrales Element des Fremdspracherwerbs angesehen: Nicht nur die Lernenden selbst räumen der Wortschatzarbeit einen zentralen Platz ein, auch die Beschäftigung mit der Frage, was Wortschatzerwerb ausmacht, macht dessen Stellenwert im Spracherwerbsprozess deutlich. Wortschatzerwerb ist eben nicht mit der Memorierung von Äquivalenzlisten gleichzusetzen. Wortschatzerwerb bedeutet vielmehr, die Bedeutung eines Lexems in allen seinen Ausformungen zu begreifen und das Lexem aktiv verwenden zu können. Dies setzt neben der Kenntnis der denotativen Bedeutung die Kenntnis weiterer Bedeutungen (z.B. assoziativ-emotional, subjektiv zweckgebunden, intentional und kulturspezifisch) voraus und erfordert bei der Sprachproduktion ein nicht zu unterschätzendes Wissen - etwa über die syntagmatische Kombinierbarkeit der Lexeme. Damit geht Wortschatzerwerb über den Bereich der reinen Lexikologie hinaus.


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1  Dieser Beitrag basiert in seinen allgemeinen Überlegungen auf Zipser (2013).

2  Vgl. zu Wortschatzarbeit u.a. Gairns & Redman (1998), Read (2000), Thornbury (2002), Fisher & Frey (2008), Laufer & Nation (2012), Stork (2003), Siepmann (2006); Meara (1996, 28ff) bietet eine Zusammenschau der Wortschatzerwerbsstudien zwischen den Jahren 1900 und 1960.

3  In: Council of Europe (2011: 27).

4  In: Council of Europe (2011: 28).

5 Mancherorts wird den sechs Stufen A1 bis C2 ein quantitativer Richtwert für den zu erzielenden Wortschatz zugewiesen. Das Steinke-Institut in Bonn (vgl. http://www.steinke-institut.de/europaeischer_referenzrahmen.htm; 19.12.13) gibt etwa folgende quantitative Richtwerte an: A1: 500 Wörter, A2: 1100 Wörter, B1: 1800 Wörter, B2: 2600 Wörter, C1: 3500 Wörter, C2: 5000 Wörter.

6  Vgl. dazu bereits die Studie von Grinstead (1915), der den Erfolg beim Lernen von Wortlisten mit dem Lernen von Wörtern im Kontext vergleicht.

7  Diese Grenze gelte nicht nur für den muttersprachlichen Wortschatzerwerb, sondern habe generelle Gültigkeit. So ermögliche erst die Überschreitung dieser Grenze das Verständnis von 95 % der Wortformen in einem Text und damit sinnerfassendes Lesen. 60-70 % der Wortformen eines Textes zu kennen, reicht nach Tschirner (2005) für das Verständnis eines Textes nicht aus. Er verweist hierzu auf Arbeiten von Laufer (1997), Carver (1994), Hu & Nation (2000) und Qian (2002).

8  Da es sich hier um wörtliche Wiedergaben von Lerneräußerungen handelt, wurden die dort gemachten sprachlichen Fehler hier übernommen.

9  Vgl. dazu die Darstellung bei Bohn (1999: 10f). Am Beispiel des Begriffs Wohnung erklärt er diese unterschiedlichen Bedeutungen dort wie folgt: Eine Definition von Wohnung, wie man sie in einem Wörterbuch findet, ist sehr allgemein formuliert, um möglichst allen Wohnungen zu entsprechen. Sie beinhaltet all das, was unter der Hauptbedeutung dieses Begriffes zu verstehen ist. Konnotative Nebenbedeutung von Wohnung kann hingegen sein: Zentralheizung, Neubau, (ein) Garten (gehört dazu). Die intentionale Nebenbedeutung für Wohnung impliziert etwa: zunehmend teurer, sich zurückziehen können. Die kulturspezifische Bedeutung letztlich resultiert aus dem, was in einer bestimmten Kultur in Bezug auf diesen Begriff üblich ist.

10 Vgl. dazu auch Kölle (2011: 6) für den Erwerb des Grundwortschatzes im Muttersprachenunterricht.

11 Zur Vertiefung des letztgenannten Arguments empfehlen Burwitz-Melzer & Quetz (2002) die Arbeit von Singleton (1999).


12 Vgl. zur Auswahl der Wörter auch Fisher & Frey:

  Once upon a time, our answer to this question [„Which words will you teach?“; Ergänzung K.Z.] was to focus on the words that students would encounter in their reading. This answer is faulty for a number of reasons, not the least of which is that this approach limits the range of words to those currently appearing in the books students are reading. Please don’t misunderstand what we are saying - selecting vocabulary from a reading is useful and necessary. However this approach to vocabulary selection, when used in isolation, is insufficient because it leaves too much to chance. Students need intentional instruction on a wider range of content words at their grade level than the text can possibly offer up, and it creates the false impression that reading the text is the best and chief forum for learning new words. Research shows that some words can be learned from reading, but not until students encounter the new words repeatedly - through reading many other texts, verbal discussion, and so on.
   A sole focus on text-based word selection also fails to capitalize on all the books that students might want to read independently. That is, we don’t teach words just because they’re there. Consider Kaila, […] who wants to be a child psychologist. If she were taught only words from books she’s currently reading in school, it’s unlikely that she would spend much time in the world of words that interest her. Thankfully, her teachers know Kaila’s goal and encourage her to learn words related to the biological world. (Fisher & Frey (2008: 21)