Zur Didaktisierung kultureller Unterschiede in der Wirtschaftskommunikation - eine kontrastive Analyse französischer und deutscher Hotelwebseiten
Nadine Rentel (Zwickau)
Abstract
(Englisch)
In the context of the
globalization of markets, companies must adapt their advertising
strategies in order to react to the requirements of an
internationalized reality, and to overcome cultural boundaries,
fulfilling in this way their role as intercultural mediators.
Students who want to work in the domain of intercultural business
have to be prepared for intercultural differences on the level of
communication. The present article aims at presenting a
methodological model for working out differences between French and
German hotel websites and explaining their existence, taking into
consideration the historic background of the two cultures. Besides
relevant methodological reflections, the most important results of
the empirical analysis will be presented.
Key
words: Hypertexts, communication on the Internet, intercultural
communication, hotel websites
Abstract
(Deutsch)
In
Studiengängen, deren Ziel darin besteht, die Studierenden zu einem
kulturell angemessenen sprachlichen Handeln zu befähigen, kann durch
den Einsatz geeigneter Textsorten die interkulturelle Dimension von
Kommunikationsprozessen in besonderer Weise thematisiert werden. In
diesem Beitrag wird ein didaktisches Modell vorgestellt, mit dessen
Hilfe deutsche und französische Webseiten aus der Tourismusbranche
(Hotels) analysiert und bestehende Divergenzen vor dem Hintergrund
ihrer historischen Herausbildung erklärt werden. Neben didaktischen
Überlegungen werden ausgewählte Ergebnisse der empirischen
Untersuchung dargestellt.
Stichwörter:
Hypertextkommunikation, Internetkommunikation, Interkulturelle
Kommunikation, Hotelwebseiten
1 Einleitung
Interkulturelle
Kompetenz ist im Rahmen der zunehmenden Internationalisierung der
Hochschulen zu einer Schlüsselkompetenz für Studierende
unterschiedlicher Fachrichtungen geworden, da diese im Rahmen
auslandsorientierter Studiengänge, international anerkannter
Doppelabschlüsse oder durch den mit Hilfe von Stipendienprogrammen
geförderten Aufenthalt an ausländischen Hochschulen mit
fremdkulturellen Erfahrungen konfrontiert werden. Um die Entstehung
und Verfestigung negativer Stereotype im Kontakt mit der fremden
Kultur zu vermeiden, müssen die Studierenden in speziell zu diesem
Zweck konzipierten Methodentrainings für kulturbedingte Unterschiede
im Kommunikationsverhalten sowie für die Notwendigkeit
sensibilisiert werden, eigenkulturelle Wertesysteme zu relativieren.
In besonderem Maße trifft dies auf Studierende in
wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen zu, da interkulturelle
Konflikte im ge-schäftlichen Kontext weitreichende Folgen haben
können, sowie auf Studierende der Sprach- und Kulturwissenschaften,
die zu Mittlern bzw. Mediatoren zwischen den Kulturen ausgebildet
werden. Das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede zwischen Sprach-
und Kulturräumen nimmt im Kontext der Globalisierung der
Handelsbeziehun- gen einen ständig wachsenden Stellenwert ein. Eine
Nichtbeachtung kulturbedingter Kommunikationsgewohnheiten
des Gegenübers kann in der interkulturellen Kommunikation zu
Missverständnissen bzw. zum Abbruch der Kommunikation führen
(Lüsebrink 2008: 32). Im Kontext der unternehmensexternen
Kommunikation steht neben dem Fortbestehen der Geschäftsbeziehung
das Image des Unternehmens auf dem Spiel1.
Aus diesem Grunde sollte, wie bereits erwähnt, die Vermittlung einer
interkulturellen Kompetenz in einem modernen universitären
(Fremdsprachen-)Unterricht zu einem möglichst frühen Zeitpunkt auf
dem Lehrplan stehen. An der Westsächsischen Hochschule Zwickau2,
an der das didaktische Konzept sowie das Lehrmaterial konzipiert und
im Rahmen von Seminaren zum Wirtschaftsfranzösischen eingesetzt
worden ist, besteht das Ziel der fremd- bzw. fachsprachlichen
Ausbildung der Studierenden im Studiengang Languages
and Business Administration mit dem
Schwerpunkt Französischer Kulturraum
darin, diese zu einem erfolgreichen - d.h. kulturell angemessenen -
sprachlichen (und nicht-sprachlichen) Handeln im Kontext der
interkulturellen, geschäftlichen Kommunikation zwischen Deutschen
und Franzosen zu befähigen.
Um
interkulturelles Lernen zu ermöglichen, wird in interkulturellen
Trainingsseminaren häufig mit der Methode der Critical
Incidents -
kritischer Interaktionssituationen -
gearbeitet. Neben dem Einsatz dieses äußerst effizienten
Instruments, das insbesondere die handlungsorientierte Ebene
anspricht, sollte nicht unberücksichtigt bleiben, dass Kultur an
Sprache gebunden ist und sich Kulturelles auf der sprachlichen und
textuellen Ebene manifestiert. Bei der Arbeit mit sprachlichem
Material wird daher das Ziel verfolgt, kulturspezifische
Textsortenkonventionen herauszuarbeiten und bestehende Divergenzen
anhand der zugrunde liegenden Normen- und Wertesysteme zu erklären.
Die
Wahl der Produktkategorie Reisen und der Textsorte Webseite
ergibt sich aus der Annahme, dass die Tourismusbranche die kulturelle
Dimension in besonderer Weise berührt. Im Gegensatz zu als
culture-free bezeichneten Produkten wie Flugzeugen oder
Elektronikerzeugnissen stehen culture-bound products wie
Automobile, Nahrungsmittel oder Tourismusdienstleistungen in enger
Wechselbeziehung mit kulturbedingten Präferenzen; in nicht seltenen
Fällen spiegeln sie einen nationalen oder auch regionalen Lebensstil
wider (Meffert & Bolz 1998: 113; Fuchs & Unger 2007: 631).
Basierend auf einem Korpus von jeweils 20 französischen und
deutschen Hotelwebseiten der Partnerstädte Lyon und Leipzig,
sollten die Studierenden in einem ersten Schritt kulturspezifische
Strukturierungsmuster und Inhaltskategorien, weiterhin die
Versprachlichung zentraler Inhaltsbereiche herausarbeiten, die das
Ziel haben, die Rezipienten von der Inanspruchnahme des
Serviceangebots zu überzeugen.
In
dem vorliegenden Beitrag wird ein auf der Niveaustufe B1 / B2 des
Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens (GeR) erprobtes
Unterrichtsmodell vorgestellt, in dessen Kontext kulturspezifische
Gestaltungsmuster der Startseiten von Hotels der mittleren
Preiskategorie in den Partnerstädten Lyon und Leipzig miteinander
verglichen werden. Größere, international operierende Hotelgruppen
wurden aus der Analyse ausgeschlossen, da die Internetauftritte in
vielen Fällen nur in englischer Sprache vorlagen. Die für die
beiden Kulturräume jeweils 20 untersuchten Webseiten unterlagen
nicht der Konventionalisierung hinsichtlich Form, Inhalt und Umfang
von Buchungsportalen, sondern wurden von den Betreibern der
Beherbergungsbetriebe individuell erstellt.
Zu
Beginn des Beitrags werden die zu erreichenden Lernziele definiert,
und es wird über die semiotische Komplexität von Hypertexten
reflektiert, da die Berücksichtigung des Zusammenspiels sprachlicher
und nicht-sprachlicher Inhalte grundlegend für eine adäquate
Textanalyse ist (Rentel 2005). Die detaillierte Darstellung der
Arbeitsergebnisse erlaubt einen unmittelbaren Einsatz des Materials
im eigenen Fremdsprachenunterricht.
2 Die Lernziele
Übergeordnetes
Lernziel der Seminare an der Westsächsischen Hochschule Zwickau ist
es, die Interkulturelle Kompetenz der Studierenden, die auf dem
Arbeitsmarkt, aber auch bereits im Studium (z.B. im Rahmen von
Auslandspraktika und –semestern) als Schlüsselqualifikation
gefordert wird (Bolten 2007), zu erweitern. Interkulturelle Kompetenz
[…] lässt sich als das Vermögen definieren, mit fremden Kulturen und ihren Angehörigen in adäquater, ihren Wertesystemen und Kommunikationsstilen angemessener Weise zu handeln, mit ihnen zu kommunizieren und sie zu verstehen. (Lüsebrink 2008: 9)
Aus
dieser Definition von Interkultureller Kompetenz ergibt sich eine
Binnendifferenzierung in die drei Dimensionen der Verhaltens-, der
Kommunikations- und der Verstehenskompetenz (Lüsebrink 2008: 9). Im
universitären Fremd- bzw. Fachsprachenunterricht liegt der Fokus auf
den beiden letztgenannten Ebenen, wobei anhand geeigneter
Übungsformen - z.B. durch die Arbeit mit Critical Incidents -
auch die Dimension der Verhaltenskompetenz berücksichtigt werden
sollte.
Im
Kontext der Verstehenskompetenz wird besonderer Wert darauf gelegt,
bei den Studierenden ein Bewusstsein für die Tatsache zu wecken,
dass sich im Laufe der Jahrhunderte in Sprach- und Kulturräumen
unterschiedliche Diskursnormen und Vertextungskonventionen
herausgebildet haben. Die Kursteilnehmer sollen dafür sensibilisiert
werden, dass die Diskursinhalte, die sprachliche und formale
Gestaltung von Texten sowie deren Struktur an die
Rezeptionsgewohnheiten der jeweiligen Zielkultur angepasst werden
müssen, damit die Kommunikation im interkulturellen Kontext
erfolgreich ist. Daher sollte am Beispiel von Hotelwebseiten
gemeinsam mit den Studierenden erarbeitet werden, dass es bei der
Konzeption von Hypertextkommunikaten im Kontext der Interkulturellen
Kommunikation von entscheidender Bedeutung sein kann, sprachliche und
bildliche Aussagen adaptiv umzusetzen, d.h. kulturraumspezifische
Besonderheiten zu berücksichtigen. Wie bereits weiter oben
dargelegt, kann ein Fehlschlagen der Kommunikation gerade im Bereich
der externen Unternehmenskommunikation erhebliche wirtschaftliche
Folgen haben und im Extremfall zu einem langfristigen Imageschaden
eines Unternehmens führen.
Die Tragweite dieser Überlegung bzw.
die Relevanz der Fragestellung wird den Studierenden zum Einstieg in
etwas überzeichneter Form anhand einer fiktiven Werbekampagne für
Erfrischungsgetränke deutlich gemacht.
Abb. 1: Fiktive
Werbekampagne für Erfrischungsgetränke
(http://www.funzug.com/index.php/humor/know-your-customer-well-humor.html)
Die
Studierenden sollten das aus drei visuellen Elementen bestehende
Werbekommunikat beschreiben und die ihrer Meinung nach zentrale
Werbebotschaft zusammenfassen. Hierzu wird zunächst angenommen, dass
das Werbekommunikat in einer westeuropäischen Hauptstadt rezipiert
wird. In der Regel verstehen die Teilnehmer die Bildfolge
dahingehend, dass ein erschöpfter Mann auf einer Sanddüne in der
Wüste liegt, das beworbene Erfrischungsgetränk konsumiert und
anschließend wieder in körperlicher Bestform ist. Anschließend
soll die Frage beantwortet werden, ob sich die zentrale Aussage
ändert, wenn das Kommunikat in einer Stadt des Nahen Ostens
platziert wird. Auf diese Weise wird den Studierenden bewusst, dass
die Rezeptionsgewohnheiten einer Kulturgemeinschaft bei der
Textproduktion beachtet werden müssen, denn in arabischsprachigen
Ländern kehrt sich die Leserichtung im Vergleich zu den uns
vertrauten europäischen Sprachen um, so dass die Werbebotschaft in
das Gegenteil verkehrt wird.
In
der interkulturellen Perspektive im Kontext der Analyse von
Marketingkommunikation wird also davon ausgegangen, dass jede Form
von Kommunikation kulturgebunden ist. Konkret geht es um die Frage,
ob es möglich ist, ‚globale’ bzw. standardisierte Werbung zu
betreiben, d.h. ein identisches Konzept in unterschiedlichen Kulturen
zu verwenden, oder ob die Gestaltung kulturspezifischen
Besonderheiten folgt. In diesem Rahmen wurden den Studierenden drei
zentrale Marketingkonzepte vorgestellt. Während bei der
Lokalisierungsstrategie durch eine häufig kostenintensive
Adaptation von Inhalt und Form des Kommunikats eine gezielte
Ansprache der Kunden gewährleistet ist, besteht der Grundsatz der
Globalisierungsstrategie darin, in unterschiedlichen
Kulturräumen eine einheitliche Werbebotschaft einzusetzen. Dadurch
können Kostendegressionseffekte erzielt werden, jedoch besteht das
nicht unerhebliche Risiko, dass der kommunikative Erfolg gemindert
wird. Einen Kompromiss zwischen den beiden dargestellten Strategien
stellt schließlich der Ansatz der Glokalisierung dar.
Zentrale Elemente der Botschaft - z.B. die Kernaussage oder bildliche
Elemente - werden an die jeweilige Zielkultur angepasst, wobei
gleichzeitig ein gemeinsamer Rahmen beibehalten wird (zu den
dargestellten Marketingkonzepten, Kotler & Bliemel 2001).
Neben der Herausbildung einer
interkulturellen Kompetenz sollen die Studierenden wissenschaftliches
Methodenwissen erwerben, was im konkreten Fall die Fähigkeit
betrifft, deutsche und französische Hypertextkommunikate
systematisch miteinander zu vergleichen und für den jeweiligen
Kulturraum charakteristische Kommunikationstrategien
herauszuarbeiten. Weiterhin sollen die Kursteilnehmer mit Fragen der
empirischen Linguistik - z.B. Erstellung und Auswertung von Korpora,
Aspekte der Repräsentativität - sowie mit den Grundlagen der
Kritischen Diskursanalyse und der Kontrastiven Linguistik vertraut
gemacht werden.
3 Didaktisches Modell
Anhand
einer Beispielanalyse, in deren Rahmen die Studierenden in Form eines
Brainstormings Unterschiede zwischen einer ausgewählten deutschen
und französischen Hotelwebseite identifizieren und benennen sollten,
wurde in der Lehrveranstaltung gemeinsam ein Analyseraster
entwickelt, anhand dessen die deutschen und französischen Hypertexte
systematisch analysiert und verglichen werden können. Im Vorfeld
wurden, je nach Kenntnisstand der Teilnehmer, die Funktionen sowie
die zentrale Terminologie hinsichtlich der relevanten Bestandteile
eines Hypertextkommunikats geklärt. Als besondere Herausforderung
bei der Analyse ergab sich die Komplexität bzw. Plurifunktionalität
von Hypertextkommunikaten. Die Kursteilnehmer entwickelten die
folgenden Fragestellungen: In welchen Teiltexten lassen sich die
nationalen Kommunikationskulturen und Vertextungskonventionen
identifizieren? Diese interlingualen Divergenzen können verbale und
visuelle Bestandteile der Webseite (z.B. nationale Symbole und
visuelle Kontexte, in die die Hotelbeschreibung eingebettet ist),
Sprache-Bild-Bezüge, kulturraumbedingte Kommunikationsstile (z.B.
Adressatenorientierung), oder Kommunikationsinhalte betreffen.
Sollten Unterschiede zu identifizieren sein, so muss weiterhin
untersucht werden, ob diese immer und ausschließlich für den
deutschen bzw. französischen Kulturraum gelten oder ob es sich
lediglich um Tendenzen handelt. In einem weiteren Schritt sollten die
Studierenden versuchen, die von ihnen identifizierten Divergenzen vor
dem Hintergrund deutscher und französischer Kulturstandards zu
interpretieren, die vorher anhand der gängigen Modelle aus der
Interkulturalitätsforschung erarbeitet werden. In diesem Kontext
wird auf die Gefahr der Stereotypisierung hingewiesen, indem die
eingeschränkte Repräsentativität der Ergebnisse kritisch
reflektiert wird. Schließlich besitzt die Frage nach der praktischen
Umsetzbarkeit der Ergebnisse der Studie Relevanz.
Das
erarbeitete didaktische Modell lässt sich schematisch wie folgt
darstellen:
1
|
Absichern,
dass die Studierenden mit den Bestandteilen von
Hypertextkommunikaten und der dazugehörigen Terminologie
vertraut sind
|
2
|
Rezeption
der deutschen und französischen Hotelwebseite
|
3
|
Klärung
unbekannter Wörter und Strukturen in der Fremdsprache
Französisch
|
4
|
Identifizierung
von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den beiden Sprachen:
Erarbeitung in Kleingruppen
|
5
|
Sammlung der
Ergebnisse im Plenum: Systematisierung der Ergebnisse und
Erarbeitung eines Analyserasters, das eine systematische,
vergleichende Analyse von Webseiten erlaubt:
|
Tab.
1: Didaktisches Modell
Das
entwickelte Modell wird in der Folge auf sämtliche Beispielanalysen
im Seminar angewendet.
4 Die semiotische Komplexität von Hypertexten
Für
Hypertexte ist die Kombination mehrerer semiotischer Zeichencodes
relevant - z.B. gesprochene und geschriebene Sprache, Mimik, Gestik,
Stimmen und Musik -, wobei sich die verwendeten Zeichensysteme in
einer engen formalen und inhaltlichen Interaktion befinden (Bucher
2007). Für eine adäquate Analyse muss die Dichotomie zwischen
Sprache und Bild aufgehoben werden. Hypertexte - und
somit auch die untersuchten Startseiten von Tourismusbetrieben -
werden als multimediale bzw. multimodale Texte bezeichnet.
Multimediale Texte sind Texte, in denen
verbale und nonverbale Zeichen sich gegenseitig ergänzen und wechselseitig determinieren können […] und in denen jedes Zeichensystem spezifisch an der Konstitution von Textbedeutung beteiligt ist und der verbale und der nonverbale Textteil erst durch den Gesamttext verständlich werden. (Spillner 1982: 84)
In
dem gemeinsam mit den Studierenden entwickelten Analyseraster für
den Textvergleich nimmt daher das Zusammenspiel zwischen verbalen und
non-verbalen Elementen einen zentralen Stellenwert ein:
Kulturspezifisches manifestiert sich auch - und insbesondere - in der
Wahl von Bildelementen.
5 Beispielanalysen
Im
Folgenden werden für das untersuchte Korpus kulturspezifische
Unterschiede in der Inhaltsstruktur und der sprachlichen Gestaltung
häufiger Inhaltskategorien auf den deutschen und französischen
Hotelwebseiten herausgearbeitet. Die vorgestellten Ergebnisse beruhen
dabei auf den Seminardiskussionen.
5.1
Der Inhalt der Webseiten
Die
Analyse der lexikalisch-semantischen Struktur der Startseiten ist im
Rahmen einer kulturkontrastiven Untersuchung von Relevanz, weil der
Gebrauch lexikalischer Einheiten die Bedeutung widerspiegeln kann,
die eine Kultur bestimmten Werten zuweist. Mit der Methode der
Inhaltsanalyse wurde die Häufigkeit von Schlüsselwörtern
ermittelt, die zu einer Kategorie gehören. Untersucht wurden die
jeweils häufigsten Inhaltskategorien, die sich aus den Knoten der
Startseite ergaben.
5.1.1
Die Familienorientiertheit französischer Webseiten
Die
Analyse zeigt, dass französische Hotelwebseiten besonders
familienfreundlich kommunizieren, wohingegen der Verweis auf Kinder,
besondere Tarife für Familien oder Familienzimmer in den deutschen
Belegen sehr selten bzw. überhaupt nicht auftritt. Die folgenden
Belege illustrieren den Stellenwert, der der Familienfreundlichkeit
auf den französischen Webseiten zugewiesen wird:
- Si vous voyagez avec des enfants, demandez nos tarifs famille. Parce que nous aimons les enfants!!! (L’Ermitage Hôtel, Lyon)
- Nous disposons également de chambres communicantes pour les familles. (Hôtel Elysée, Lyon)
- Nous aurons le plaisir à vous accueillir et à vous proposer nos chambres familiales. (Hôtel Bayard Bellecour, Lyon)
- Vos enfants sont les bienvenus! Une surprise les attend à leur arrivée! (Hôtel Central Lyon-Perrache, Lyon)
Als
Erklärungsansatz für diesen Befund wurde im Seminar die
unterschiedliche demographische Situation in Deutschland und
Frankreich angeführt, die wiederum historisch begründet ist.
Während der Durchschnitt in Frankreich bei 2,02 Kindern pro Frau
liegt, beträgt dieser in Deutschland lediglich 1,3 Kinder pro Frau
im gebärfähigen Alter (Langerock 2012). Einschlägige
sozialwissenschaftliche und kulturvergleichende Studien zum Thema
(European Values Survey 2001) konstatieren, dass sich der
Stellenwert von Familie und Kindern sowie die Rolle der Frau in der
Gesellschaft aus deutscher und französischer Sicht deutlich
voneinander unterscheiden (Schultheiss 1998: 248). Der Anteil der
arbeitenden Frauen mit Kindern in Frankreich ist aufgrund einer
besseren Betreuungsinfrastruktur, die es Frauen ermöglicht, Beruf
und Familie miteinander zu vereinbaren, deutlich höher als in
Deutschland. Zudem variiert die gesellschaftliche Akzeptanz, Kinder
außerhalb des Elternhauses zu erziehen, zwischen den beiden Ländern:
Während dies in Frankreich allgemein anerkannt ist, lastet in
Deutschland der Erwartungsdruck auf den Familien bzw. den Frauen, die
Kinder zu Hause zu erziehen. Schließlich fördern spezielle
Steuerersparnisse für Familien in Frankreich die Mehrkindfamilie.
Wenn Frauen in Deutschland hingegen vor die Wahl Kinder oder
Karriere gestellt werden, resultiert dies nach Lüsebrink (2011:
76) häufig im Verzicht auf Kinder.
5.1.2
Die Essgewohnheiten: Frühstück im Zimmer
Ein
weiterer Unterschied zwischen deutschen und französischen
Hotelwebseiten betrifft die Beschreibung der Mahlzeiten, insbesondere
das Frühstück. Auf den meisten französischen Startseiten stellen
die Betreiber des Hotels heraus, dass das Frühstück auch auf dem
Zimmer serviert werden kann, während in den deutschen
Vergleichstexten die Zeit, die Zusammensetzung und die Art der ersten
Mahlzeit des Tages beworben werden.
- Le petit-déjeuner continental vous est servi à partir de 7h […]. Nous vous l`apporterons au lit si vous le souhaitez, jusqu`à 12h pour un réveil en douceur! (Hôtel Dauphin, Lyon)
- Un petit-déjeuner vous est servi dans vos chambres. (Hôtel de la Marne, Lyon)
- Le petit-déjeuner-buffet avec vue sur le jardin, également servi en chambre. (Hôtel Berlioz, Lyon)
Während die
Hauptmahlzeiten (Mittag- und Abendessen) in Frankreich
wichtige soziale Funktionen (Pflege von Kontakten mit Kollegen und
Freunden; Rahmen geschäftlicher Verhandlungen) innehaben, gilt dies
in der Regel nicht für das Frühstück. Das Frühstück hingegen
nimmt in der französischen Kultur einen vergleichsweise geringen
Stellenwert ein und ist weitaus weniger umfangreich als in
Deutschland. Das typische französische Frühstück ist also leicht
vorzubereiten und auf dem Zimmer servierbar, wodurch den Gästen ein
höherer Grad an Privatheit geboten wird. Deutsche Touristen legen in
der Regel mehr Wert auf ein ausgewogenes, vollwertiges und gesundes
Frühstück und erwarten diese Informationen (Zusammensetzung,
Reichhaltigkeit, Zutaten) vermutlich auf der Webseite eines Hotels.
Anders als im französischen Kulturraum wird das Frühstück als
vollwertige Mahlzeit betrachtet, deren hohe Qualität für einen
erfolgreichen Tagesbeginn unabdingbar ist. Allgemein sehen deutsche
Konsumenten die Qualität der Mahlzeiten kritischer, wie aus einer
Studie der Deutschen Gesellschaft für Konsumforschung aus dem Jahre
2004 hervorgeht (hierzu auch Gau 2007: 30). Unterschiede in den
Essgewohnheiten sind somit in der Interkulturellen Kommunikation von
großer Wichtigkeit und müssen in der kommerziellen Kommunikation
angemessen berücksichtigt werden.
5.1.3
Traditionen, regionale Küche und kulturelles Erbe Frankreichs
Auf
den untersuchten französischen Hotelwebseiten fallen die zahlreichen
Verweise auf lokale Traditionen, die regionale Gastronomie sowie auf
den Status der Altstadt von Lyon als UNESCO-Weltkulturerbe auf,
während sich die Beschreibung Leipzigs als semantisch vage und
unpräzise hervorhebt.
- A deux pas du Vieux Lyon et du quartier des antiquaires, venez flâner au cœur des rues piétonnes et ainsi découvrir au gré de votre promenade les musées ainsi que les ‚bouchons‘, irrésistible cuisine lyonnaise! (Hôtel Dauphin, Lyon)
- Laissez-vous tenter par les nombreux bouchons aux patrons pas si bougons. (Hôtel des Célestins, Lyon)
- A pied facilement vous admirerez traboules, murs peints et autres musées. (Hôtel Célestin, Lyon)
- Notre slogan: la gentillesse, le savoir-faire et le goût de la région (Hôtel de la Loire, Lyon)
- L’hôtel de la Marne, totalement rénové, se situe en plein cœur du centre-ville de Lyon dans une zone classée au patrimoine mondial de l’UNESCO. (Hôtel de la Marne, Lyon)
- L’hôtel Elysée est un ancien immeuble lyonnais du 19ème siècle entièrement rénové, plein de charme. Situé au cœur du patrimoine historique de Lyon […]. (Hôtel Elysée, Lyon)
- Lyon, cité artistique et culturelle, capitale de la gastronomie. (Hôtel Athéna Part-Dieu, Lyon)
- […] plongez dans le Vieux Lyon, quartier classé patrimoine historique par l’UNESCO […]. (Hôtel Bayar Bellecour, Lyon)
Die
Informationen, die die Rezipienten über die Stadt Leipzig erhalten,
sind im Vergleich zu den spezifischen Angaben zu Lyon relativ vage
und allgemein gehalten. Diese sprachliche Vagheit erschwert es, ein
lexikalisch-semantisches Feld bzw. einen Themenschwerpunkt zu
identifizieren, der das Besondere an der Stadt Leipzig herausstellen
könnte. Wenngleich die Stadt über eine bewegte Geschichte sowie
über zahlreiche kulturelle Attraktionen verfügt, werden diese auf
den untersuchten Hotelwebseiten nicht als Verkaufsargument
herangezogen, wie die folgenden Beispiele illustrieren:
- Individuelle Betreuung und ursächsischer Charme der Besitzer kennzeichnen unseren Familienbetrieb. (Flair-Hotel Alt Connewitz, Leipzig)
- Leipzig hat für seine Besucher eine Menge zu bieten. (Hotel Adler Leipzig)
- Die verkehrsgünstige Lage unseres Hotels bietet Ihnen einen idealen Ausgangspunkt für jegliche Unternehmungen in und um Leipzig. Ihren ereignisreichen Tag können Sie […]. (Hotel Berlin Leipzig)
- Weitere Highlights der Stadt sind die zahlreichen Sehenswürdigkeiten.
Der
starke Akzent der französischen Hotelwebseiten auf dem kulturellen
Erbe, welcher sich auf den untersuchten deutschen Seiten nicht
nachweisen lässt, kann durch unterschiedliche Auffassungen
nationaler Identität in Frankreich und Deutschland erklärt werden.
Das Verhältnis der Franzosen zur eigenen Geschichte ist - anders als
in Deutschland, wo dieses aufgrund des Zweiten Weltkriegs
problematischer ist - als ungebrochen zu charakterisieren. In der
Folge haben die Franzosen ein weitgehend positives Selbstbild und
zeigen ihren Nationalstolz in Alltagsphänomenen wie z.B. der
Beflaggung öffentlicher Gebäude mit der Trikolore. Das nationale
Kulturerbe (patrimoine national), das u.a. Gebäude,
Kunstwerke, Bücher und die französische Sprache umfasst, spielt
eine zentrale Rolle. Die Hervorhebung der kulturellen und
gastronomischen Vorzüge Lyons auf den Startseiten der Hotels ist
somit eine logische Konsequenz aus dem französischen Konzept
nationaler Identität. In Deutschland hingegen ist es unüblich,
Nationalstolz öffentlich zu manifestieren (Lüsebrink 2011: 126).
5.2
Die sprachliche Form der Webseiten
In
den folgenden Abschnitten werden die Ergebnisse der
sprachlich-kontrastiven Analyse der deutschen und französischen
Hotelwebseiten diskutiert. Der Fokus liegt dabei auf der
Adressatenorientierung, auf der Schaffung textueller Kohäsion sowie
auf der Verwendung spezifischer stilistischer Strategien, mit deren
Hilfe die Rezipienten der Webseiten von der Inanspruchnahme der
Beherbergungsleistung überzeugt werden sollen.
5.2.1
Dialog mit dem Rezipienten
Die
französischen Webseiten sind in besonderer Weise auf den Rezipienten
hin orientiert. Dieser wird im Vergleich zu den deutschen Webseiten
direkt mittels Imperativen, Personalpronomina und Possessiva
adressiert und fühlt sich so in besonderer Weise angesprochen:
- A deux pas du Vieux Lyon et du quartier des antiquaires, venez flâner au cœur des rues piétonnes et ainsi découvrir au gré de votre promenade les musées ainsi que les ‚bouchons‘, irrésistible cuisine lyonnaise! […] Si vous disposez d’un véhicule, réservez notre parking privé […]. Un accès wifi gratuit vous est également proposé. Succombez au charme du Dauphin, vous pouvez réserver votre chambre en ligne. Nous vous souhaitons une bonne visite! (Hôtel Dauphin, Lyon)
- Réservez votre place de parking et oubliez la voiture. D’un pas enjambez la Saône et plongez dans le Vieux Lyon […] et déambulez le long des rues piétonnes. (Hôtel Bayard Bellecour, Lyon)
Dieser hohe Grad von
Adressatenorientiertheit scheint charakteristisch für die
französische (Werbe)Kommunikation allgemein zu sein und ist somit
nicht als textsortenimminent zu charakterisieren. Vielmehr ist hier
von einem kulturspezifischen Kommunikationsstil auszugehen, der sich
zumindest in der Marketingkommunikation häufig nachweisen lässt.
5.2.2
Textkohäsion durch anaphorische Bezüge
Die
verbalen Texte auf den französischen Webseiten schaffen, anders als
die deutschen Äquivalente, durch anaphorische Referenzen in Form von
Possessivadjektiven, die auf das jeweilige Hotel Bezug nehmen,
Kohäsion:
- Notre hôtel est situé […]. Son accueil chaleureux, […]. L’hôtel du Dauphin et ses chambres rénovées […]. (Hôtel Dauphin, Lyon)
- L’hôtel de la Loire est idéalement situé dans le centre-ville […]. Ses chambres spacieuses et insonorisées […]. (Hôtel de la Loire, Lyon)
- […] l’hôtel Central Lyon-Perrache, entièrement rénové, vous propose ses chambres […]. (Hôtel Central Lyon-Perrache, Lyon)
Die
sprachliche Verbindung von Informationselementen im Text mittels
Possessivadjektiven lässt sich im Französischen in weiteren
Textsorten nachweisen und ist, ebenso wie die im vorherigen Abschnitt
beschriebene Adressatenorientierung, nicht als Kriterium für die
Hypertextsorte Hotelwebseite anzusehen. Insbesondere in
deutsch-französischen Kontraststudien ist dieses Merkmal der
Strukturierung französischer Texte bereits beschrieben worden
(Spillner 1992: 42ff.).
5.2.3
Gebrauch des Futurs
Der
Gebrauch des Futurs vermittelt dem Leser der französischen
Hotelwebseiten den Eindruck, als stehe er bereits kurz davor, seinen
Urlaub oder seinen Geschäftsaufenthalt in dem Hotel zu verbringen.
Im deutschen Korpus findet sich hingegen kein Beleg für die
Verwendung des Futurs in dieser Funktion. Da das Deutsche sehr wohl
über dieses grammatische Tempus verfügt, handelt es sich um einen
Unterschied auf der Ebene der Sprachnorm bzw. derjenigen der
Sprachverwendung und nicht derjenigen des Sprachsystems:
- Vous apprécierez sa situation au cœur des activités de […]. (Hôtel Athena Part-Dieu, Lyon)
- Pour vos déplacements professionnels […] vous disposerez d’une literie de qualité […]. (Hôtel Central Lyon Perrache. Lyon)
5.2.4
Metaphern, Wortspiele und poetischer Sprachgebrauch
Die
Verfasser der Texte der französischen Webseiten verwenden einen im
Vergleich zum Deutschen elaborierten Stil mit Hypotaxen, Metaphern
und Wortspielen. Das Hôtel des Célestins in Lyon beschreibt
beispielsweise seine Leistungen in Gedichtform (Beispiel 29). Der im
Seminar erarbeitete Erklärungsansatz stellt einen höheren Grad der
Sprachbewusstheit in Frankreich ins Zentrum, der einhergeht mit einer
höheren Bedeutung nationaler Literatur bzw. einem Kanon, der in der
Schule vermittelt wird und als bekannt vorausgesetzt werden kann.
Daraus kann eine größere Bedeutung der sprachlichen Form gegenüber
der verstärkten Inhaltsorientiertheit in Deutschland resultieren.
Der höhere Grad an Sprachbewusstsein in Frankreich sowie der
Stellenwert der korrekten Beherrschung des Französischen im
Bildungswesen spiegeln sich nicht nur in der öffentlichen Debatte,
sondern auch in der Sprachpolitik und Sprachgesetzgebung wider. Zudem
wird die Beherrschung des Französischen als Garant für kulturelle
Werte angesehen (Lüsebrink 2011: 135f.)
- A découvrir as Saône as possible. (L’Ermitage Hôtel, Lyon)
- […] un îlot de calme arboré, à l’écart de la circulation, […] et jouissant d’une vue superbe sur le théâtre et la place des Célestins. (Hôtel du Théâtre, Lyon)
- Face au théâtre des Célestins
du
soir au matin
Vous y
dormirez bien
Car
pour vous tous, nous sommes aux petits soins. […] (Hôtel des
Célestins)
- Service en terrasse aux vues imprenables. Buvette ‚Le Tube‘, ouverte le week-end. (L’Ermitage Hôtel, Lyon)
- Garage privé payant – nous consulter pour les tarifs. (Hôtel Dauphin, Lyon)
Nicht
unerwähnt bleiben soll aber, dass sich neben sprachlich sehr
elaborierten Äußerungen elliptische Äußerungen (Beispiele 30 und
31) finden lassen. Dieser Befund macht deutlich, dass es
problematisch ist, einem Kulturraum uneingeschränkt einen bestimmten
Kommunikationsstil zuzuweisen.
6 Zentrale Ergebnisse der Arbeit im Seminar
Die
Analyse von Hotelwebseiten aus Deutschland und Frankreich hat den
Studierenden die Erkenntnis vermittelt, dass sich auch im Zeitalter
der Globalisierung Kommunikationskonzepte nicht einfach von einer
Ausgangs- auf eine Zielkultur übertragen lassen:
Hochentwickelte Transport- und Informationsnetze haben aus der Welt zwar ein global village gemacht, aber dennoch bleiben tiefe Differenzen. Nach wie vor bestimmen auch in der Europäischen Union kulturelle Traditionen und Bindungen, und damit Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten, das alltägliche Leben und überwiegen gegenüber der ökonomisch-technischen Standardisierung. (Hahn 2000: 23)
Nicht
nur wirkt sich die Globalisierung der Warenströme nicht automatisch
vereinheitlichend auf die Konzeption von Kommunikationsstrategien
aus, sondern die enge Kooperation zwischen den europäischen
Mitgliedsstaaten führt im Gegenteil hin zu einer stärkeren
Ausprägung nationaler Unterschiede (Relokalisierungstendenzen),
denen in der Marketingkommunikation Rechnung getragen werden muss,
[d]enn der europäische Einigungsprozess hat gleichzeitig auch zu einer stärkeren Orientierung hin zu kulturellen, sprachlichen und nationalen Identitäten geführt. (Hahn 2000: 23).
Unterschiede
zwischen deutschen und französischen Hotelwebseiten manifestieren
sich sowohl auf der Inhaltsebene als auch bezüglich der
Versprachlichung zentraler Inhaltskategorien. Hervorzuheben ist die
Familienorientiertheit der französischen Seiten, die sich durch
einen höheren Stellenwert von Kindern und Familie in der
französischen Kultur als in Deutschland sowie daraus resultierenden
demographischen Unterschieden zwischen beiden Ländern erklären
lässt. Auffällig ist weiterhin die Hervorhebung des kulturellen
Erbes und lokaler Werte auf den französischen Seiten, dem eher vage
gehaltene Informationen auf den deutschen Pendants gegenüber stehen.
Dies wurde in der Arbeit im Seminar durch Unterschiede hinsichtlich
der nationalen Identität in Deutschland und Frankreich begründet,
welche insbesondere das nationale Selbstbild und den Nationalstolz
betrifft.
Hinsichtlich
charakteristischer Versprachlichungsstrategien unterscheiden sich die
deutschen und die französischen Hotelwebseiten bzw. die näher
untersuchten zentralen Inhaltskategorien bezüglich anaphorischer
Verweise, die auf den französischen Seiten Kohäsion schaffen, eines
hohen Grades an Adressatenorientiertheit der französischen Texte
sowie eines im Vergleich zum Deutschen elaborierten, literarischen
Stils der französischen Webseiten. Diese sprachlichen Präferenzen
lassen sich jedoch in weiteren Textsorten des Französischen
beobachten und sind somit nicht als textsortenkonstituierend für die
untersuchten Hotelwebseiten zu charakterisieren. Die Tendenz, die
französischen Hotels anhand poetischer Sprache oder mittels
Wortspielen zu bewerben, lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf
die höhere Sprachbewusstheit der französischen Gesellschaft
zurückführen, die im Bildungssystem verankert ist und sich nicht
nur in der Sprachgesetzgebung, sondern im öffentlichen Diskurs
manifestiert.
In
Hinblick auf kulturraumbedingte Kommunikationsstile, insbesondere die
Adressatenorientierung betreffend, scheinen die Produzenten der
französischen Webseiten insgesamt gesehen häufiger mittels
Verbalformen / Imperativen oder Personal- und Possessivprononima die
sprachliche Interaktion mit den Rezipienten zu suchen. Dieses
Resultat deckt sich mit den Ergebnissen von Hahns Studie (Hahn 2000:
32), der dem deutschen Kommunikationsstil eine instrumentale Natur
zuschreibt, wohingegen der französische Stil affektive Elemente
hervorhebe und auf diese Weise versuche, die Kommunikation durch eine
häufige Adressierung des Rezipienten zu personalisieren. An dieser
Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, dass generalisierende und
pauschalisierende Aussagen mit kritischer Distanz zu bewerten sind.
So geht Schroeder u.E. zu weit, wenn er für Deutschland und
Frankreich von „völlig gegensätzliche[n] Kommunikationsstile[n]“
spricht (Schroeder 1994: 33). Die Analyse der Webseiten hat vielmehr
deutlich gezeigt, dass es problematisch ist, bestimmte
Kommunikationsstile in allen Fällen dem „deutschen“ bzw. dem
„französischen“ Diskurs zuzuordnen. So treten auf den
französischen Webseiten neben literarisch gestalteten Aussagen auch
sehr kurze und sprachlich nüchtern gehaltene Verkaufsargumente auf.
Allgemeingültige Regeln für die untersuchten Sprach- und
Kulturräume lassen sich somit nicht aufstellen. Auf die Gefahr der
Stereotypisierung wurden die Studierenden im Verlauf des Seminars
mehrfach hingewiesen.
Am
Ende des Seminars wurde im Plenum über die Anwendbarkeit der
erarbeiteten Ergebnisse reflektiert. So wurde beispielsweise
angeregt, dass eine kulturvergleichende Analyse von Hotelwebseiten
für Kommunikationsagenturen hilfreich bei der Kommunikationsplanung
sein und auf diese Weise einen Beitrag zur Textoptimierung leisten
kann (Stöckl 2004). Kulturvergleichende Textanalysen können hierbei
als Entscheidungsgrundlage für den geeigneten Kommunikationsstil
dienen, um eine optimale Adressierung der Zielgruppe zu
gewährleisten. Ebenso erscheint bei der Abwägung gestalterischer
Alternativen im Rahmen der Produktion von Hypertexten der Rückgriff
auf Forschungsergebnisse zur kontrastiven Hypertextanalyse sinnvoll.
7 Zusammenfassung und Ausblick
Das
Lernziel, die Studierenden für kulturelle Unterschiede und
divergierende Textsortenkonventionen in der Wirtschaftskommunikation
zu sensibilisieren, konnte anhand der systematischen Analyse
deutscher und französischer Hotelwebseiten erreicht werden. Zugleich
konnten die Grenzen der Vorgehensweise im Seminar kritisch
reflektiert werden. Aktuell wird das didaktische Modell in einem
interkulturell ausgerichteten Seminar im Studiengang Language and
Business Administration an der Westsächsischen Hochschule
Zwickau weiter entwickelt. Die besondere Herausforderung in der Lehre
besteht darin, ein didaktisches Konzept zu entwickeln, dass es den
Studierenden, die Studienanteile in Betriebswirtschaft,
Interkultureller Kommunikation und der französischen
Wirtschaftsfachsprache zu bewältigen haben, erlaubt, auf möglichst
interessante und authentische Art und Weise Kompetenzen für den
kommunikativ angemessenen Umgang mit französischen Geschäftspartnern
zu erwerben. In sämtlichen Seminaren müssen daher fremd- und
fachsprachliche Inhalte mit Methoden der Interkulturalitätsforschung
kombiniert werden. Gegenwärtig wird das Modell mit den Studierenden
erprobt, die sich für eine Spezialisierung für den französischen
Kulturraum entschieden haben; eine Übertragung auf die weiteren
angebotenen Sprachen (Chinesisch und Spanisch) ist jedoch in der
Planung.
Weiterhin
ist vorgesehen, eine kulturvergleichende Untersuchung von Webseiten
vorzunehmen, die unterschiedliche Produktkategorien bewerben, um
festzustellen, ob es bestimmte Produktgruppen gibt, die besonders
stark unter Berücksichtigung kulturspezifischer Besonderheiten
beworben werden.
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Die Frage, ob eine kulturspezifische Adaptation von
Marketingkommunikaten notwendig ist, wird von Marketing- und
Kommunikationsexperten teilweise kontrovers diskutiert. Auf der
einen Seite wird argumentiert, dass die Globalisierung zur
Herausbildung einer globalen Kultur führt - mit der Folge,
dass kulturelle Divergenzen in einer homogenen Gesamtkultur aufgehen
und sich dies auch in der Marketingkommunikation widerspiegelt. Auf
der anderen Seite wird die Gefahr der Entstehung von
Missverständnissen (bzw. der Ablehnung von Produkten und
Dienstleistungen durch die Konsumenten) hervorgehoben, die aus der
Nichtbeachtung kulturbedingter Rezeptionsgewohnheiten resultiert
(Meffert & Bolz 1998).
Im Studiengang Languages and Business Administration an der
Westsächsischen Hochschule Zwickau werden betriebswirtschaftliche
und fremd-/fachsprachliche Inhalte kombiniert, und ein weiterer
Schwerpunkt wird auf den Bereich der Interkulturellen Kommunikation
in Interaktionssituationen des Alltags und Berufs gelegt. In den
Lehrveranstaltungen wird großer Wert darauf gelegt, die
Fachsprachendidaktik mit der Vermittlung interkultureller
Kompetenzen zu verbinden. Der vorliegende Beitrag fokussiert auf den
französischen Sprach- und Kulturraum.