Interkulturelle
Kommunikation und Grammatik –
ein Erfahrungsbericht
Barbara
Teuber (Dornburg / Saale)
Abstract
(English)
Every lesson in German
as a Foreign Language comprises intercultural learning and language
instruction, and is intended to enable students to achieve a better
command of the language so as to study and live in Germany more
easily. In a study group that consisted of students from nine
countries representing different continents, it became increasingly
necessary to enhance intercultural communication, which learners need
in order to continuously acquire deeper lexical and grammatical
knowledge so as to express themselves in German more and more
adequately. To achieve this target, the teacher must be capable of
choosing interesting materials relevant for the needs of all the
learners. In this way, learners are motivated to learn how to
internalize and master grammatical complexity. There are many aspects
of language and culture to be identified and analyzed. Satisfying the
students’ needs and interests was to be the starting point of the
reflections on the topic dealt with in the present article. In this
context, an important prerequisite is that the student group has been
learning German together for some time and is receptive to various
topics. When asked, students expressed an interest in the topic
Market, i.e. the place where purchases of all kinds are made. 49
students from 9 different countries in Asia, Europe and South America
worked in teams on a questionnaire resulting in lively discussions
about markets throughout the world. They became motivated and
grammatical phenomena such as transitive verbs, relative clauses,
causal clauses and the comparative and superlative of adjectives gave
an opportunity for class exercises. This was the initial stage when
students wrote their own short texts about markets in their
countries. The students’ texts were assessed and corrected by the
researcher. A written report on this experience will lead to other
topics so as to promote intercultural learning and to improve
intercultural communication.
Keywords:
Interculturality, intercultural learning, intercultural competence
Abstract
(Deutsch)
Jede
Unterrichtsstunde in Deutsch als Fremdsprache bedeutet
interkulturelles Lernen, Sprachvermittlung und eine gezielte
Befähigung, die deutsche Sprache besser zu beherrschen, um damit
problemloser in Deutschland studieren und leben zu können. In einer
Studentengruppe an der Fachhochschule mit Studierenden aus neun
Nationen quer durch die Kontinente entwickelt sich automatisch die
Notwendigkeit der immer weiter fortschreitenden interkulturellen
Kommunikation. Für die Ausbildung der Fähigkeit, sich in der
deutschen Sprache äußern zu können, ist der permanente Aufbau
lexikalischer und grammatischer Kenntnisse unabdingbar. Es liegt im
Geschick des Pädagogen, Lehrstoffe auszuwählen, die für alle
beteiligten Studierenden relevant und interessant sind. Aus diesem
Zusammenhang entwickelt sich die Motivation, die nötig ist, um
grammatische Schwierigkeiten des Deutschen zu verinnerlichen und
beherrschen zu lernen. Der interkulturelle Aspekt bei der Erlernung
der deutschen Sprache und Kultur umfasst viele Facetten, die es zu
bestimmen und entsprechend zu analysieren gilt. Die Auswahl eines
gemeinsamen Themas, das alle Kulturen berührt, sollte den Anfang der
Überlegungen zu dem Komplex Interkulturelle Kommunikation und
Grammatik darstellen. Voraussetzung dafür ist, dass die
Lerngruppe schon einige Zeit zusammen Deutsch lernt und damit für
verschiedene Gebiete offen ist. Ein Interessengebiet ist in
Gesprächen erfragt worden. Die Studenten wählten das Thema Markt.
Stichwörter:
Interkulturalität, interkulturelles Lernen, interkulturelle
Kompetenz
1 Zielsetzung und Problemstellung
In
der interkulturellen Kommunikation mit Studenten aus Europa, Asien,
Amerika und Afrika an der Fachhochschule liegen Potentiale für eine
lernerorientierte Grammatik und eine Reihe von Reserven bei der
Gestaltung von Übungsfolgen, die - entsprechend genutzt - helfen,
die deutsche Sprache leichter zu erlernen. Ohne interkulturelle
Kommunikation ist Deutschunterricht für Ausländer nicht erfolgreich
durchführbar. Das Thema Grammatik und interkulturelle
Kommunikation ist dabei sehr komplex, und bei der Bearbeitung des
Themas ergibt sich eine kritische Hinterfragung hinsichtlich der
Erfahrungsbereiche, die für das Verständnis der Thematik helfen
können. Bei diesen handelt es sich beispielsweise um die folgenden:
- Leben im Ausland,
- Längere Reisen ins Ausland,
- Leben mit verschiedenen Nationen unter einem Dach,
- Studieren in einem anderen Land,
- Sprachen lernen und im Land anwenden,
- Persönliche Kontakte,
- Die Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache in Deutschland und im Ausland.
In
den folgenden Ausführungen wird die Begründung für das Thema Markt
erläutert.
Jede
sprachliche Handlung ist vor allem dadurch geprägt, dass der
Lernende dazu motiviert ist, eine sprachliche Äußerung zu
formulieren - sei es schriftlich oder mündlich. Motivation wird
dann gefördert, wenn das Thema interessant, anregend sowie
ausbaufähig und für die Lernergruppe aktuell ist. In einer Gruppe
von Studierenden aus verschiedenen Ländern sollte es unbedingt ein
Thema sein, das möglichst alle bewegt und sprachlich auf der
Niveaustufe (A1) zu bewältigen ist. Die Voraussetzung wird dadurch
bestimmt, dass das gewählte Thema – in unserem Fall der Markt
- einen Teil des kulturell-gesellschaftlichen Lebens in jedem Land
der Studierenden beinhaltet.
Bei
Gesprächen zur Eröffnung einzelner Unterrichtsstunden ergab sich
immer wieder, dass das Einkaufen von Lebensmitteln zur Fertigung
heimischer Gerichte - konkret indischer, chinesischer oder
koreanischer Mahlzeiten für die Studierenden ein interessantes
Gesprächsthema war. Als gemeinsames Thema ergab sich somit der
Markt.
Nachdem
die Sprachkenntnisse der Studierenden dafür hinreichend waren, einen
Text auf Deutsch formulieren zu können, wurden die Studierenden im
Team mittels eines Fragebogens Über die Märkte in der Welt
in den einzelnen Ländern im Team befragt. Die Reaktion auf diese
Aufgabe war sehr positiv. Es ergaben sich so sechs effektive
Unterrichtsstunden, in denen ein intensiver kultureller Austausch
stattfand, viele neue Begriffe gelernt wurden, lexikalisches Wissen
vervollständigt und ein für diese recht überschaubare Zeitspanne
erheblicher Umfang an Grammatik verinnerlicht wurde.
Der
Markt als Thema war geeignet für das Studium einer Reihe von
grammatischen Erscheinungen auf der Niveaustufe A1 des Gemeinsamen
europäischen Referenzrahmens (GeR), die notwendig waren, um einen
Text mündlich oder schriftlich produzieren zu können. Von Bedeutung
ist in diesem Zusammenhang, dass es den Markt oder den Straßenmarkt
weltweit gibt.
Das Ausfüllen des Fragebogens (vgl.
Anhang) bildete den Anfang des Projekts. Dieser Fragebogen
beschäftigte Studierende und Dozentin sehr intensiv und führte zu
vielen Übungen - wie z.B. zu solchen zur Steigerung der Adjektive,
zu Übungen zum Perfekt oder zur Fragebildung und zu
Anwendungsaufgaben im kommunikativen Bereich.
Den Abschluss bildete die Formulierung
eines Textes über den Markt im Heimatland. Den Studenten sollten als
Lernhilfe ein Mustertext und der Fragebogen dienen. Mustertext und
Fragebogen waren dabei nicht nur Lernhilfen, sondern auch
Kommunikationsplan. Beide Vorlagen gaben den Studenten genügend
Sprachmaterial, um Texte über die Märkte in ihren Ländern zu
verfassen. Diese Texte wiederum waren die Diskussionsbasis im
Unterricht, um gemeinsam kulturell voneinander zu lernen. Die
Korrektur der Ergebnistexte aller Studierenden der Gruppe bot
genügend Material für grammatische und lexikalische Übungen. Die
Texte der Studierenden aus Indien, Nepal und Brasilien vermittelten
kulturelles Wissen und dienten als Anregung für die Diskussion über
Märkte auf den verschiedenen Kontinenten.
In
einigen Textbeispielen - von den Studenten formuliert1
– wird das Marktleben in den einzelnen Ländern geschildert:
Ich gehe auf den
Markt und treffe Freunde. Der Markt ist dreimal in der Woche. Die
ganze Familie kauft wichtige Dinge für das Leben ein. Das Marktleben
seien fröhlich und ich auch. Wir sprechen über die Preise und das
ist gut für uns alle. Wenn der Preis in Ordnung und die Ware in
Ordnung ist, dann kaufen wir ein. Viele Handwerker arbeiten auf dem
Markt. Die Frauen weben, verkaufen ihre Sachen und reden viel
miteinander. (Student aus Mexiko)
In Indien gibt
es viele Märkte. Sie sind immer. Die ganze Familie geht kaufen auf
dem Markt. Das ist sehr interessant. Junge Leute treffen Freunde auf
dem Markt und unterhalten sich und trinken Tee. Das ist sehr wichtig.
Wir verhandeln den Preis und kaufen günstig ein. Auf dem Markt
kaufst du alles. Das macht Spaß. Künstler sind auf den Märkten und
machen Gefäße, Halsketten oder anderen Schmuck. (Studentin aus
Indien)
Bei
uns ist der Markt nicht so alt, weil früher die Menschen alles für
ihr eigenes Leben gebraucht haben. Das war ein schwereres
Leben als jetzt.
Heutzutage sie verkaufen viele Waren. Manche arbeiten als Schuster,
Töpfer oder Handwerker auf dem Markt. Frauen weben Stoffe, stricken
Kleidung und Kinderschuhe und alles verkaufen sie. Der Markt ist
immer und es ist sehr schönes Kaufen für alle. (Zwei Studierende
aus Nepal)
Bei uns in
Ungarn ist oft Markt. Er ist ein Einkaufsort für alle wichtigen
Dinge, die man zum Leben braucht: Gemüse und Obst, Fleisch und
Wurst, Wein und auch Kleidung. Die Preise können oft ausgehandelt
werden. Auf dem Markt ist es immer sehr fröhlich. Manchmal gibt es
auch Handwerker z.B. Korbflechter, die auf dem Markt Körbe flechten
und sie dann verkaufen. Ein riesiger Pullovermarkt ist am Balaton.
(Studentin aus Ungarn)
Der
nächste Schritt zu den Ergebnistexten wird im folgenden Abschnitt
beschrieben.
2 Kultur - Kommunikation - Interkulturalität
Der
Unterricht Deutsch als Fremdsprache (DaF) an der
Fachhochschule ist von der Grundidee geprägt, das Miteinander
verschiedener Nationalitäten zu fördern und zu erleichtern. Ein
Ziel des Unterrichts ist es, die unterschiedlichen Kulturen
wahrzunehmen und im Kurs voneinander zu lernen, damit alle
Studierenden zusammen in Deutschland (in Thüringen) studieren und
leben können.
Die
Studenten erlernen die deutsche Sprache und mit ihr die im Land
üblichen Gepflogenheiten. Sie lernen beispielsweise das Land mit den
Städten und Landschaften, die Traditionen, die Mentalität der
Deutschen kennen. Sie erwerben sprachliche Fertigkeiten und
Fähigkeiten.
Die
Studenten kommen in Deutschland an der Fachhochschule gut mit
Englisch zurecht; die Vorlesungen in allen Studienfächern werden in
diesen Gruppen in Englisch gehalten. Alle Kommilitonen sprechen
Englisch. Die Studenten bleiben dabei zudem in ihren jeweiligen
nationalen Gruppen.
Diesem
bequemen sprachlichen Weg an der Hochschule muss der
Deutschunterricht etwas entgegensetzen, was die Motivation für das
Studium der deutschen Sprache entwickelt. Im Unterricht wird somit
ein natürliches, unkompliziertes Miteinander angestrebt, in dem
Toleranz in einem umfangreichen Maß verwirklicht
wird. Wir entwickeln gemeinsam eine interkulturelle Kompetenz. Diese
kann in der Regel nur in Eigeninitiative erworben werden.
Entscheidend
ist die konsequente deutschsprachige Atmosphäre im Unterricht. Und
diese ist häufig eine Hürde und erfordert konsequentes Engagement
und methodisches Geschick.
Gelingt
die fremdsprachliche Atmosphäre jedoch, ist noch keine Garantie
geschaffen, dass eine interkulturelle Kommunikation verwirklicht
werden kann. Im konkreten Falle fließen Faktoren ein, die die
(interkulturelle) Kommunikation befördern und damit den Lernprozess
erleichtern:
- Die Studierenden kommen aus mindestens neun Nationen Asiens, Europas und Südamerikas.
- Sie sprechen oft mehrere Sprachen, um sich in ihren Ländern zu verständigen (z.B. in Indien oder Pakistan). Dies hilft ihnen, eine weitere Sprache leichter zu erlernen.
- Umgangsformen und Höflichkeitsstandards in den einzelnen Ländern sind grundverschieden.
- Mentalität, Temperament und kulturhistorische Unterschiede können den Lernerfolg positiv beeinflussen.
Dozenten
sollten somit Möglichkeiten finden, sich mit den Unterschieden der
Kulturen auseinanderzusetzen und diese als Potentiale für einen
effektiven Sprachunterricht zu begreifen: Ohne Kommunikation und ohne
eine offene Atmosphäre im Unterricht ist interkulturelles Handeln
nicht zu verwirklichen.
Die
Kulturen sind - historisch gesehen - das Ergebnis interkultureller
Prozesse. Diese Prozesse wurden durch Faktoren wie
Migrationsbewegungen, Handelsbeziehungen, Kolonialisierung,
Auslandsstudien und Arbeiten im Ausland geprägt und beeinflusst.
Folglich existieren zwischen den Kulturen Überlappungen, die das
Verständnis der Menschen untereinander erleichtern. Kommunikation
vollzieht sich dabei auf der Ebene der Sprache und wird vor allem
auch durch nonverbale Impulse wahrgenommen. Zur verbalen und
nonverbalen Kommunikation schreibt Bolten sehr treffend:
Traditionen, Interpretationsvorräte und Wissensbestände werden erst auf der Grundlage von Sprache und Kommunikation erzeugt.
Und gerade weil Konventionen, Regeln, Rituale und alles andere, was als Wissensvorrat unser Handeln bestimmt, über Jahrhunderte hinweg kommunikativ ausgehandelt worden ist, bilden die Medien dieser Kommunikation gleichsam die Nabelschnur zu der solchermaßen kommunikativ erzeugten Lebenswelt. Zu diesen Medien zählt wesentlich die Sprache.
Kommunikation beinhaltet allerdings mehr als nur die verbale, sprachliche Ebene: die Freiheitsstatue in New York, das Layout eines Textes, eine bestimmte Gestik, ein mimischer Ausdruck … - sie alle sind Zeichen für etwas; sie kommunizieren, sie „sagen“ uns etwas ohne dies unbedingt mit verbalen Mitteln zu tun.“ (Bolten 2012: 41)
In
einer internationalen Gruppe von Studierenden, die zusammen leben und
studieren, ist der Austausch von neuen Erfahrungen im
Zielsprachenland ständig präsent. Der Austausch in der deutschen
Sprache im Unterricht lässt Grenzen entstehen, die nur durch die
kontinuierliche Erlernung neuer Wörter und phraseologischer
Einheiten bewältigt werden können.
Um
sich frei im Unterrichtsgespräch äußern zu können, bedarf es
solider Grammatikkenntnisse. Und genau hier kann die Bereitschaft der
Studenten, sich kulturell auszutauschen, helfen, die erforderlichen
grammatischen Erscheinungen bewusst zu lernen und in konkreten
Situationen anzuwenden. So schreibt Bolten:
Interkulturen sind dynamisch als Ereignisse des Zusammentreffens von Angehörigen unterschiedlicher Kulturen zu verstehen. Sie besitzen insofern prozessualen und nicht räumlichen Charakter. Interkulturen stellen keine Synthesen, sondern Synergiepotentiale dar. Ob und in welcher Weise sich Synergien entfalten, ist weitgehend situationsabhängig und insofern unvorhersehbar (Bolten 2012: 46).
Zu
beachten ist, dass sich im interkulturellen Kontakt niemand so
verhält, wie er es in der eigenen Kultur tun würde. Aus diesem
Faktum kann theoretisch geschlussfolgert werden, dass dieses
Verhalten des Menschen eine offene Atmosphäre für gemeinsames
Studieren, Lernen, Arbeiten und Leben schafft. Diese Potentiale sind
vielversprechende Anknüpfungspunkte für den Unterricht.
Die
Auseinandersetzung mit den Kulturen – wie auch das Studium der
Kulturen der verschiedenen Länder - wäre für den Dozent eine zu
umfangreiche und nicht zu bewältigende Aufgabe. Die interkulturelle
Kommunikation setzt genau hier ein, indem die Studenten und Dozenten
ihre Erfahrungen, Wertschätzungen und ihr Wissen preisgeben, um den
Unterricht lernerorientiert, kreativ, effektiv und vor allem auch
interessant zu gestalten.
Das
Verhalten in der interkulturellen Situation wird durch
interkulturelle Erfahrungen, durch Fremdbilder, durch die
Bekanntschaft mit Personen anderer Kulturen und auch durch die im
Gespräch gewählte Sprache bestimmt. Dabei sind solche
Sozialkompetenzen wie Einfühlungsvermögen, Toleranz, Flexibilität,
Freundlichkeit, Höflichkeit und auch Rollendistanz von Nutzen und
helfen beim gegenseitigen Verständnis, denn oft sind nicht gerade
geringe Widersprüche zu verstehen und auszuhalten.
Kommunikation
ist unmöglich, wenn nicht lexikalische Mittel bereit stehen und die
jeweilige grammatische Strukturierung bekannt ist. Infolgedessen
existiert zwischen der interkulturellen Kommunikation und der
Grammatik eine engere Wechselbeziehung als gemeinhin angenommen wird.
Diese Beziehung lebt von dem Widerspruch der Gesprächsbereitschaft
der Studenten und ihren noch zu geringen lexikalischen und
grammatischen Mitteln. Themen, die die interkulturelle Kommunikation
anregen, bisweilen sogar provozieren, bieten in sich eine reiche
Palette der Gestaltung und der Vermittlung grammatischer
Zusammenhänge (Brandt 2004, Helbig & Buscha 2001).
3 Über das Funktionieren interkultureller Kommunikation
Interkulturelle
Kommunikation bezeichnet eine soziale Interaktion von Akteuren
unterschiedlicher Kulturen. Ihre besondere Bedeutung liegt darin,
dass einigen Aspekten innerhalb des gegenseitigen Verstehens ein
höherer Stellenwert beigemessen wird als anderen Aspekten. So können
Missverständnisse entstehen, die letzten Endes zu Problemen führen.
Ausdrucks-, Darstellungs- und Handlungsweisen beeinflussen die
Kommunikation positiv oder negativ. Andere wichtige Parameter sind
die Lautstärke, der Tonfall, die Mimik, die Gestik und nicht zuletzt
der Grad an Höflichkeit und Freundlichkeit. Innerhalb der
kulturellen Kommunikation können Vorurteile zu Schwierigkeiten
führen und die Erlernung der Fremdsprache nicht unwesentlich
behindern.
Interkulturelle
Kommunikation hat mit der zunehmenden Globalisierung ihren
Wirkungskreis erweitert und ist bei dem Dozenten im Rahmen der
Vorbereitung jeder Deutschstunde für Studierende aus den
verschiedenen Ländern präsent und entsprechend didaktisch
umzusetzen. Dies stellt Deutschdozenten vor eine anspruchsvolle
Aufgabe.
Der
Erwerb interkultureller Kompetenzen stellt eine grundlegende
Voraussetzung dafür dar, im Unterricht interkulturell zu arbeiten
und sich entsprechend auszutauschen. Bolten (2012: 14) hat eine Reihe
von Strategien des gemeinsamen (Kultur)lernens empfohlen.
Drei
von diesen Strategien erweisen sich für unsere Zwecke als relevant:
Kultur(lernen),
Beobachtungslernen, permanente interkulturelle Lernbereitschaft,
Offenheit gegenüber Fremden:
Die
Studierenden bewältigen im Sprachunterricht an konkreten Texten und
Situationen fremde Handlungsweisen, die sie mit ihrem kulturellen
Verständnis erfassen und zu deuten wissen. Oft sind ihre Blicke
fragend und es hilft, die geringste Geste kurz zu erklären, und zwar
bezüglich unserer Kultur. Die Studenten gewöhnen sich schnell
daran, und die nonverbale Kommunikation verbessert sich von Stunde zu
Stunde.
Beziehungsaufbau:
Kontakte knüpfen und auf andere zugehen können:
Das
Erklären einfacher Dinge, beispielsweise die langsame und
schrittweise Wiederholung der Konjugation reflexiver Verben und die
Öffnung auf den Einzelnen hin mit dem Abstand, den die jeweiligen
Kulturen erlauben. Hier existieren erhebliche Unterschiede zwischen
Südkorea, Japan, Ungarn oder Indien.
Positiver
Vergleich, Situationsaufwertungen vornehmen, an fremden Erfahrungen
das Positive sehen und schätzen lernen:
Die
ruhige, aufmerksame Art der japanischen Studierenden hilft
beispielsweise einer Gruppe, die zur Hälfte aus Indern besteht,
einen Ausgleich untereinander zu finden. Die Rücksicht einer
koreanischen Studentin in einer solchen Situation ist gleichsam ein
Ruhepol. Die Studierenden lernen voneinander und überwinden
bisweilen sogar soziale Unterschiede.
In
einer Gruppe, in der mehr als neun Nationen vertreten sind und die
Studierenden zusammen lernen, entsteht nicht nur ein Kulturaustausch
zwischen Deutschland und dem jeweiligen Land, sondern auch zwischen
den Vertretern der Nationen untereinander. Im Prozess des
interkulturellen Lernens erwerben die Studierenden und der
Dozent interkulturelle Kompetenzen. Diese stellen keinen
eigenständigen Kompetenzbereich dar. Sie können vielmehr als die
Fähigkeit verstanden werden, individuelle, soziale, fachlich
strategische Teilkompetenzen bestmöglich zu verknüpfen und diese im
konkreten Fall entsprechend zu aktivieren und umzusetzen. Solche
Teilkompetenzen können Empathie, Ambiguitätstoleranz, Flexibilität,
Fremdsprachenkenntnis, interkulturelle Lernbereitschaft,
Kommunikationsfähigkeit, Kulturwissen, Metakommunikation,
Polyzentrismus und Selbstdisziplin sein (vgl. Bolten 2012: 114).
4 Der Markt als Thema interkulturellen Lernens
49
Studierende aus neun Ländern Asiens, Europas und Südamerikas
äußerten sich zum Thema Markt. Als Grundlage wurde der
bereits erwähnte Fragebogen ausgegeben, den die Studierenden in
Länderteams ausgefüllt hatten. Das Ergebnis war eine anregende,
vielschichtige Diskussion über Märkte in der ganzen Welt. Die
Motivation der Studierenden war entfacht, und die sprachlichen
Formulierungen im Fragebogen bildeten die erste Grundlage für eine
Reihe grammatischer Übungen. Dies waren Transformationsübungen im
Bereich der Tempora (Präsens, Perfekt und Präteritum), Übungen zu
den transitiven Verben, die Wortstellung im Deutschen oder auch das
Kasussystem.
Eine
weitere Aufgabe, die sich aus dem Thema ergab, bestand darin, einen
Text zum Thema Der Markt in meinem Land zu schreiben. Als
Kommunikationsplan diente der Fragebogen, und der oben zitierte
Mustertext sollte den Studierenden Anregungen liefern. Die
Ergebnistexte waren kurz und mit einer Reihe sprachlicher Fehler
behaftet, die für die Weiterführung des Unterrichts relevant waren,
weil sie die Schwierigkeiten und Ungenauigkeiten der Studierenden in
der Beherrschung der deutschen Sprache anzeigten. In der
Korrekturarbeit wurden die Fehler analysiert, verbessert und durch
Übungen - beispielsweise zur Wortstellung oder zum Kasussystem -
automatisiert. Für die Übungen zu den Verben wurden Satzmodelle
(Helbig 1971) aufgestellt, die die Verwendung der Verben im Dativ und
Akkusativ leichter verständlich machten.
Die
Projektarbeit über mehrere Unterrichtsstunden festigte nicht nur die
Motivation zur Erlernung der deutschen Sprache, sondern bildete auch
eine Anregung dazu, ähnliche Projekte zu verwirklichen.
Dieses
Projekt, das alle Beteiligten sechs Unterrichtsstunden lang intensiv
beschäftigte und ihnen viel Freude bereitete, bestand insgesamt
nicht nur aus interkultureller Kommunikation, sondern wies einen
erheblichen Anteil interkulturellen Lernens auf.
Anhang: Märkte gibt
es überall
Was
bedeutet der Markt in ………………………….? (bitte das
Land eintragen)
- Ein Einkaufsort für Lebensmittel
- Ein Treffpunkt für Freunde
- Ein Einkaufsort für alle wichtigen Dinge, die man zum Leben braucht.
Was
gibt es auf dem Markt?
- Gemüse und Obst
- Bekleidung und Schuhe
- Andenken und Bücher
- Haushaltwaren
Wie
ist es mit den Preisen?
- Die Preise sind vorgegeben.
- Die Preise werden ausgehandelt.
Wann
ist Markt?
- Dreimal in der Woche
- Nur an Feiertagen
- Täglich
Wer
kauft auf dem Markt ein?
- Die Hausfrauen
- Kinder mit ihren Müttern
- Die ganze Familie
Warum
kaufen die Menschen auf dem Markt ein?
- Die Lebensmittel sind frischer
- Die Auswahl ist größer.
- Das Markttreiben ist offener und fröhlich.
- Man kann die Preise aushandeln.
Wer
arbeitet auf dem Markt?
- Die Verkäufer der verschiedenen Waren
- Handwerker
- Dienstleister wie der Schuster, der Uhrmacher
Bibliographie
Barmeyer,
Christoph, Petia Genkova & Jörg Scheffer (2010). Interkulturelle
Kommunikation und Kulturwissenschaft. Grundbegriffe,
Wissenschaftsdisziplinen, Kulturräume. Passau: Stutz.
Bolten, Jürgen
(2012). Interkulturelle Kompetenz. Erfurt: Landeszentrale für
politische Bildung Thüringen
Brandt, Rainer
(2004). Die deutschen Verben. Göppingen: dnf-Verlag.
Dietz, Gunther
(2012). Deutsch als Fremdsprache / Deutsch als Zweitsprache
(Sektionsbericht). In: Fäcke, Christian, Hélène Martinez &
Franz-Joseph Meißner (Hrsg.) (2012). Mehrsprachigkeit. Bildung –
Kommunikation – Standards. Stuttgart / Leipzig: Klett, 292-295.
Funk, Hermann
(2009). Grammatisches Wissen und / oder Sprechkompetenz? Zur Frage
der Prioritäten in einem Fremdsprachenunterricht auf der Grundlage
des Europäischen Referenzrahmens. In: Zeitschrift für
Germanistische Sprach- und Literaturwissenschaft. „Dituria“
6. Tirana.
Funk, Hermann
(2010). Lehrwerkforschung. In: Hallet, Wolfgang & Frank G. Königs
(Hrsg.): Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze: Klett
Kallmeyer, 364-368.
Helbig, Gerhard
(1971). Theoretische und praktische Aspekte eines Valenzmodells. In:
Helbig, Gerhard (Hrsg). Beiträge zur Valenztheorie. Halle:
Niemeyer, 31-49.
Helbig, Gerhard
(1992). Probleme der Valenz und Kasustheorie. Tübingen:
Niemeyer.
Helbig, Gerhard
& Joachim Buscha (2001). Deutsche Grammatik – ein Handbuch
für den Ausländerunterricht. Berlin:
Langenscheidt.
Wazel,
Gerhard (Hrsg.) (2011). Theorie
und Praxis des DaF-Unterrichts heute – 20 Jahre Institut für
Interkulturelle Kommunikation e.V.
(Hrsg.) Frankfurt / Main: Peter Lang.