Wissenschaftlicher Sammelband, herausgegeben von Thomas Tinnefeld - unter Mitarbeit von Christoph Bürgel, Ines-Andrea Busch-Lauer, Frank Kostrzewa, Michael Langner, Heinz-Helmut Lüger, Dirk Siepmann. Saarbrücken: htw saar 2014. ISBN 978-3-942949-05-7.
Interkulturelle Kommunikation und Grammatik –
ein Erfahrungsbericht

Barbara Teuber (Dornburg / Saale)


Abstract (English)
Every lesson in German as a Foreign Language comprises intercultural learning and language instruction, and is intended to enable students to achieve a better command of the language so as to study and live in Germany more easily. In a study group that consisted of students from nine countries representing different continents, it became increasingly necessary to enhance intercultural communication, which learners need in order to continuously acquire deeper lexical and grammatical knowledge so as to express themselves in German more and more adequately. To achieve this target, the teacher must be capable of choosing interesting materials relevant for the needs of all the learners. In this way, learners are motivated to learn how to internalize and master grammatical complexity. There are many aspects of language and culture to be identified and analyzed. Satisfying the students’ needs and interests was to be the starting point of the reflections on the topic dealt with in the present article. In this context, an important prerequisite is that the student group has been learning German together for some time and is receptive to various topics. When asked, students expressed an interest in the topic Market, i.e. the place where purchases of all kinds are made. 49 students from 9 different countries in Asia, Europe and South America worked in teams on a questionnaire resulting in lively discussions about markets throughout the world. They became motivated and grammatical phenomena such as transitive verbs, relative clauses, causal clauses and the comparative and superlative of adjectives gave an opportunity for class exercises. This was the initial stage when students wrote their own short texts about markets in their countries. The students’ texts were assessed and corrected by the researcher. A written report on this experience will lead to other topics so as to promote intercultural learning and to improve intercultural communication.
Keywords: Interculturality, intercultural learning, intercultural competence


Abstract (Deutsch)
Jede Unterrichtsstunde in Deutsch als Fremdsprache bedeutet interkulturelles Lernen, Sprachvermittlung und eine gezielte Befähigung, die deutsche Sprache besser zu beherrschen, um damit problemloser in Deutschland studieren und leben zu können. In einer Studentengruppe an der Fachhochschule mit Studierenden aus neun Nationen quer durch die Kontinente entwickelt sich automatisch die Notwendigkeit der immer weiter fortschreitenden interkulturellen Kommunikation. Für die Ausbildung der Fähigkeit, sich in der deutschen Sprache äußern zu können, ist der permanente Aufbau lexikalischer und grammatischer Kenntnisse unabdingbar. Es liegt im Geschick des Pädagogen, Lehrstoffe auszuwählen, die für alle beteiligten Studierenden relevant und interessant sind. Aus diesem Zusammenhang entwickelt sich die Motivation, die nötig ist, um grammatische Schwierigkeiten des Deutschen zu verinnerlichen und beherrschen zu lernen. Der interkulturelle Aspekt bei der Erlernung der deutschen Sprache und Kultur umfasst viele Facetten, die es zu bestimmen und entsprechend zu analysieren gilt. Die Auswahl eines gemeinsamen Themas, das alle Kulturen berührt, sollte den Anfang der Überlegungen zu dem Komplex Interkulturelle Kommunikation und Grammatik darstellen. Voraussetzung dafür ist, dass die Lerngruppe schon einige Zeit zusammen Deutsch lernt und damit für verschiedene Gebiete offen ist. Ein Interessengebiet ist in Gesprächen erfragt worden. Die Studenten wählten das Thema Markt.
Stichwörter: Interkulturalität, interkulturelles Lernen, interkulturelle Kompetenz


1 Zielsetzung und Problemstellung

In der interkulturellen Kommunikation mit Studenten aus Europa, Asien, Amerika und Afrika an der Fachhochschule liegen Potentiale für eine lernerorientierte Grammatik und eine Reihe von Reserven bei der Gestaltung von Übungsfolgen, die - entsprechend genutzt - helfen, die deutsche Sprache leichter zu erlernen. Ohne interkulturelle Kommunikation ist Deutschunterricht für Ausländer nicht erfolgreich durchführbar. Das Thema Grammatik und interkulturelle Kommunikation ist dabei sehr komplex, und bei der Bearbeitung des Themas ergibt sich eine kritische Hinterfragung hinsichtlich der Erfahrungsbereiche, die für das Verständnis der Thematik helfen können. Bei diesen handelt es sich beispielsweise um die folgenden:
  • Leben im Ausland,
  • Längere Reisen ins Ausland,
  • Leben mit verschiedenen Nationen unter einem Dach,
  • Studieren in einem anderen Land,
  • Sprachen lernen und im Land anwenden,
  • Persönliche Kontakte,
  • Die Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache in Deutschland und im Ausland.

In den folgenden Ausführungen wird die Begründung für das Thema Markt erläutert.

Jede sprachliche Handlung ist vor allem dadurch geprägt, dass der Lernende dazu motiviert ist, eine sprachliche Äußerung zu formulieren - sei es schriftlich oder mündlich. Motivation wird dann gefördert, wenn das Thema interessant, anregend sowie ausbaufähig und für die Lernergruppe aktuell ist. In einer Gruppe von Studierenden aus verschiedenen Ländern sollte es unbedingt ein Thema sein, das möglichst alle bewegt und sprachlich auf der Niveaustufe (A1) zu bewältigen ist. Die Voraussetzung wird dadurch bestimmt, dass das gewählte Thema – in unserem Fall der Markt - einen Teil des kulturell-gesellschaftlichen Lebens in jedem Land der Studierenden beinhaltet.

Bei Gesprächen zur Eröffnung einzelner Unterrichtsstunden ergab sich immer wieder, dass das Einkaufen von Lebensmitteln zur Fertigung heimischer Gerichte - konkret indischer, chinesischer oder koreanischer Mahlzeiten für die Studierenden ein interessantes Gesprächsthema war. Als gemeinsames Thema ergab sich somit der Markt.

Nachdem die Sprachkenntnisse der Studierenden dafür hinreichend waren, einen Text auf Deutsch formulieren zu können, wurden die Studierenden im Team mittels eines Fragebogens Über die Märkte in der Welt in den einzelnen Ländern im Team befragt. Die Reaktion auf diese Aufgabe war sehr positiv. Es ergaben sich so sechs effektive Unterrichtsstunden, in denen ein intensiver kultureller Austausch stattfand, viele neue Begriffe gelernt wurden, lexikalisches Wissen vervollständigt und ein für diese recht überschaubare Zeitspanne erheblicher Umfang an Grammatik verinnerlicht wurde.

Der Markt als Thema war geeignet für das Studium einer Reihe von grammatischen Erscheinungen auf der Niveaustufe A1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens (GeR), die notwendig waren, um einen Text mündlich oder schriftlich produzieren zu können. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass es den Markt oder den Straßenmarkt weltweit gibt.

Das Ausfüllen des Fragebogens (vgl. Anhang) bildete den Anfang des Projekts. Dieser Fragebogen beschäftigte Studierende und Dozentin sehr intensiv und führte zu vielen Übungen - wie z.B. zu solchen zur Steigerung der Adjektive, zu Übungen zum Perfekt oder zur Fragebildung und zu Anwendungsaufgaben im kommunikativen Bereich.

Den Abschluss bildete die Formulierung eines Textes über den Markt im Heimatland. Den Studenten sollten als Lernhilfe ein Mustertext und der Fragebogen dienen. Mustertext und Fragebogen waren dabei nicht nur Lernhilfen, sondern auch Kommunikationsplan. Beide Vorlagen gaben den Studenten genügend Sprachmaterial, um Texte über die Märkte in ihren Ländern zu verfassen. Diese Texte wiederum waren die Diskussionsbasis im Unterricht, um gemeinsam kulturell voneinander zu lernen. Die Korrektur der Ergebnistexte aller Studierenden der Gruppe bot genügend Material für grammatische und lexikalische Übungen. Die Texte der Studierenden aus Indien, Nepal und Brasilien vermittelten kulturelles Wissen und dienten als Anregung für die Diskussion über Märkte auf den verschiedenen Kontinenten.
In einigen Textbeispielen - von den Studenten formuliert1 – wird das Marktleben in den einzelnen Ländern geschildert:
Ich gehe auf den Markt und treffe Freunde. Der Markt ist dreimal in der Woche. Die ganze Familie kauft wichtige Dinge für das Leben ein. Das Marktleben seien fröhlich und ich auch. Wir sprechen über die Preise und das ist gut für uns alle. Wenn der Preis in Ordnung und die Ware in Ordnung ist, dann kaufen wir ein. Viele Handwerker arbeiten auf dem Markt. Die Frauen weben, verkaufen ihre Sachen und reden viel miteinander. (Student aus Mexiko)
In Indien gibt es viele Märkte. Sie sind immer. Die ganze Familie geht kaufen auf dem Markt. Das ist sehr interessant. Junge Leute treffen Freunde auf dem Markt und unterhalten sich und trinken Tee. Das ist sehr wichtig. Wir verhandeln den Preis und kaufen günstig ein. Auf dem Markt kaufst du alles. Das macht Spaß. Künstler sind auf den Märkten und machen Gefäße, Halsketten oder anderen Schmuck. (Studentin aus Indien)
Bei uns ist der Markt nicht so alt, weil früher die Menschen alles für ihr eigenes Leben gebraucht haben. Das war ein schwereres Leben als jetzt. Heutzutage sie verkaufen viele Waren. Manche arbeiten als Schuster, Töpfer oder Handwerker auf dem Markt. Frauen weben Stoffe, stricken Kleidung und Kinderschuhe und alles verkaufen sie. Der Markt ist immer und es ist sehr schönes Kaufen für alle. (Zwei Studierende aus Nepal)
Bei uns in Ungarn ist oft Markt. Er ist ein Einkaufsort für alle wichtigen Dinge, die man zum Leben braucht: Gemüse und Obst, Fleisch und Wurst, Wein und auch Kleidung. Die Preise können oft ausgehandelt werden. Auf dem Markt ist es immer sehr fröhlich. Manchmal gibt es auch Handwerker z.B. Korbflechter, die auf dem Markt Körbe flechten und sie dann verkaufen. Ein riesiger Pullovermarkt ist am Balaton. (Studentin aus Ungarn)
Der nächste Schritt zu den Ergebnistexten wird im folgenden Abschnitt beschrieben.

2 Kultur - Kommunikation - Interkulturalität

Der Unterricht Deutsch als Fremdsprache (DaF) an der Fachhochschule ist von der Grundidee geprägt, das Miteinander verschiedener Nationalitäten zu fördern und zu erleichtern. Ein Ziel des Unterrichts ist es, die unterschiedlichen Kulturen wahrzunehmen und im Kurs voneinander zu lernen, damit alle Studierenden zusammen in Deutschland (in Thüringen) studieren und leben können.
Die Studenten erlernen die deutsche Sprache und mit ihr die im Land üblichen Gepflogenheiten. Sie lernen beispielsweise das Land mit den Städten und Landschaften, die Traditionen, die Mentalität der Deutschen kennen. Sie erwerben sprachliche Fertigkeiten und Fähigkeiten.
Die Studenten kommen in Deutschland an der Fachhochschule gut mit Englisch zurecht; die Vorlesungen in allen Studienfächern werden in diesen Gruppen in Englisch gehalten. Alle Kommilitonen sprechen Englisch. Die Studenten bleiben dabei zudem in ihren jeweiligen nationalen Gruppen.
Diesem bequemen sprachlichen Weg an der Hochschule muss der Deutschunterricht etwas entgegensetzen, was die Motivation für das Studium der deutschen Sprache entwickelt. Im Unterricht wird somit ein natürliches, unkompliziertes Miteinander angestrebt, in dem Toleranz in einem umfangreichen Maß verwirklicht wird. Wir entwickeln gemeinsam eine interkulturelle Kompetenz. Diese kann in der Regel nur in Eigeninitiative erworben werden.
Entscheidend ist die konsequente deutschsprachige Atmosphäre im Unterricht. Und diese ist häufig eine Hürde und erfordert konsequentes Engagement und methodisches Geschick.
Gelingt die fremdsprachliche Atmosphäre jedoch, ist noch keine Garantie geschaffen, dass eine interkulturelle Kommunikation verwirklicht werden kann. Im konkreten Falle fließen Faktoren ein, die die (interkulturelle) Kommunikation befördern und damit den Lernprozess erleichtern:
  • Die Studierenden kommen aus mindestens neun Nationen Asiens, Europas und Südamerikas.
  • Sie sprechen oft mehrere Sprachen, um sich in ihren Ländern zu verständigen (z.B. in Indien oder Pakistan). Dies hilft ihnen, eine weitere Sprache leichter zu erlernen.
  • Umgangsformen und Höflichkeitsstandards in den einzelnen Ländern sind grundverschieden.
  • Mentalität, Temperament und kulturhistorische Unterschiede können den Lernerfolg positiv beeinflussen.

Dozenten sollten somit Möglichkeiten finden, sich mit den Unterschieden der Kulturen auseinanderzusetzen und diese als Potentiale für einen effektiven Sprachunterricht zu begreifen: Ohne Kommunikation und ohne eine offene Atmosphäre im Unterricht ist interkulturelles Handeln nicht zu verwirklichen.

Die Kulturen sind - historisch gesehen - das Ergebnis interkultureller Prozesse. Diese Prozesse wurden durch Faktoren wie Migrationsbewegungen, Handelsbeziehungen, Kolonialisierung, Auslandsstudien und Arbeiten im Ausland geprägt und beeinflusst. Folglich existieren zwischen den Kulturen Überlappungen, die das Verständnis der Menschen untereinander erleichtern. Kommunikation vollzieht sich dabei auf der Ebene der Sprache und wird vor allem auch durch nonverbale Impulse wahrgenommen. Zur verbalen und nonverbalen Kommunikation schreibt Bolten sehr treffend:
Traditionen, Interpretationsvorräte und Wissensbestände werden erst auf der Grundlage von Sprache und Kommunikation erzeugt.
Und gerade weil Konventionen, Regeln, Rituale und alles andere, was als Wissensvorrat unser Handeln bestimmt, über Jahrhunderte hinweg kommunikativ ausgehandelt worden ist, bilden die Medien dieser Kommunikation gleichsam die Nabelschnur zu der solchermaßen kommunikativ erzeugten Lebenswelt. Zu diesen Medien zählt wesentlich die Sprache.
Kommunikation beinhaltet allerdings mehr als nur die verbale, sprachliche Ebene: die Freiheitsstatue in New York, das Layout eines Textes, eine bestimmte Gestik, ein mimischer Ausdruck … - sie alle sind Zeichen für etwas; sie kommunizieren, sie „sagen“ uns etwas ohne dies unbedingt mit verbalen Mitteln zu tun.“ (Bolten 2012: 41)

In einer internationalen Gruppe von Studierenden, die zusammen leben und studieren, ist der Austausch von neuen Erfahrungen im Zielsprachenland ständig präsent. Der Austausch in der deutschen Sprache im Unterricht lässt Grenzen entstehen, die nur durch die kontinuierliche Erlernung neuer Wörter und phraseologischer Einheiten bewältigt werden können.

Um sich frei im Unterrichtsgespräch äußern zu können, bedarf es solider Grammatikkenntnisse. Und genau hier kann die Bereitschaft der Studenten, sich kulturell auszutauschen, helfen, die erforderlichen grammatischen Erscheinungen bewusst zu lernen und in konkreten Situationen anzuwenden. So schreibt Bolten:
Interkulturen sind dynamisch als Ereignisse des Zusammentreffens von Angehörigen unterschiedlicher Kulturen zu verstehen. Sie besitzen insofern prozessualen und nicht räumlichen Charakter. Interkulturen stellen keine Synthesen, sondern Synergiepotentiale dar. Ob und in welcher Weise sich Synergien entfalten, ist weitgehend situationsabhängig und insofern unvorhersehbar (Bolten 2012: 46).
Zu beachten ist, dass sich im interkulturellen Kontakt niemand so verhält, wie er es in der eigenen Kultur tun würde. Aus diesem Faktum kann theoretisch geschlussfolgert werden, dass dieses Verhalten des Menschen eine offene Atmosphäre für gemeinsames Studieren, Lernen, Arbeiten und Leben schafft. Diese Potentiale sind vielversprechende Anknüpfungspunkte für den Unterricht.

Die Auseinandersetzung mit den Kulturen – wie auch das Studium der Kulturen der verschiedenen Länder - wäre für den Dozent eine zu umfangreiche und nicht zu bewältigende Aufgabe. Die interkulturelle Kommunikation setzt genau hier ein, indem die Studenten und Dozenten ihre Erfahrungen, Wertschätzungen und ihr Wissen preisgeben, um den Unterricht lernerorientiert, kreativ, effektiv und vor allem auch interessant zu gestalten.

Das Verhalten in der interkulturellen Situation wird durch interkulturelle Erfahrungen, durch Fremdbilder, durch die Bekanntschaft mit Personen anderer Kulturen und auch durch die im Gespräch gewählte Sprache bestimmt. Dabei sind solche Sozialkompetenzen wie Einfühlungsvermögen, Toleranz, Flexibilität, Freundlichkeit, Höflichkeit und auch Rollendistanz von Nutzen und helfen beim gegenseitigen Verständnis, denn oft sind nicht gerade geringe Widersprüche zu verstehen und auszuhalten.

Kommunikation ist unmöglich, wenn nicht lexikalische Mittel bereit stehen und die jeweilige grammatische Strukturierung bekannt ist. Infolgedessen existiert zwischen der interkulturellen Kommunikation und der Grammatik eine engere Wechselbeziehung als gemeinhin angenommen wird. Diese Beziehung lebt von dem Widerspruch der Gesprächsbereitschaft der Studenten und ihren noch zu geringen lexikalischen und grammatischen Mitteln. Themen, die die interkulturelle Kommunikation anregen, bisweilen sogar provozieren, bieten in sich eine reiche Palette der Gestaltung und der Vermittlung grammatischer Zusammenhänge (Brandt 2004, Helbig & Buscha 2001).

3 Über das Funktionieren interkultureller Kommunikation

Interkulturelle Kommunikation bezeichnet eine soziale Interaktion von Akteuren unterschiedlicher Kulturen. Ihre besondere Bedeutung liegt darin, dass einigen Aspekten innerhalb des gegenseitigen Verstehens ein höherer Stellenwert beigemessen wird als anderen Aspekten. So können Missverständnisse entstehen, die letzten Endes zu Problemen führen. Ausdrucks-, Darstellungs- und Handlungsweisen beeinflussen die Kommunikation positiv oder negativ. Andere wichtige Parameter sind die Lautstärke, der Tonfall, die Mimik, die Gestik und nicht zuletzt der Grad an Höflichkeit und Freundlichkeit. Innerhalb der kulturellen Kommunikation können Vorurteile zu Schwierigkeiten führen und die Erlernung der Fremdsprache nicht unwesentlich behindern.

Interkulturelle Kommunikation hat mit der zunehmenden Globalisierung ihren Wirkungskreis erweitert und ist bei dem Dozenten im Rahmen der Vorbereitung jeder Deutschstunde für Studierende aus den verschiedenen Ländern präsent und entsprechend didaktisch umzusetzen. Dies stellt Deutschdozenten vor eine anspruchsvolle Aufgabe.
Der Erwerb interkultureller Kompetenzen stellt eine grundlegende Voraussetzung dafür dar, im Unterricht interkulturell zu arbeiten und sich entsprechend auszutauschen. Bolten (2012: 14) hat eine Reihe von Strategien des gemeinsamen (Kultur)lernens empfohlen.
Drei von diesen Strategien erweisen sich für unsere Zwecke als relevant:

Kultur(lernen), Beobachtungslernen, permanente interkulturelle Lernbereitschaft, Offenheit gegenüber Fremden:
Die Studierenden bewältigen im Sprachunterricht an konkreten Texten und Situationen fremde Handlungsweisen, die sie mit ihrem kulturellen Verständnis erfassen und zu deuten wissen. Oft sind ihre Blicke fragend und es hilft, die geringste Geste kurz zu erklären, und zwar bezüglich unserer Kultur. Die Studenten gewöhnen sich schnell daran, und die nonverbale Kommunikation verbessert sich von Stunde zu Stunde.

Beziehungsaufbau: Kontakte knüpfen und auf andere zugehen können:
Das Erklären einfacher Dinge, beispielsweise die langsame und schrittweise Wiederholung der Konjugation reflexiver Verben und die Öffnung auf den Einzelnen hin mit dem Abstand, den die jeweiligen Kulturen erlauben. Hier existieren erhebliche Unterschiede zwischen Südkorea, Japan, Ungarn oder Indien.

Positiver Vergleich, Situationsaufwertungen vornehmen, an fremden Erfahrungen das Positive sehen und schätzen lernen:
Die ruhige, aufmerksame Art der japanischen Studierenden hilft beispielsweise einer Gruppe, die zur Hälfte aus Indern besteht, einen Ausgleich untereinander zu finden. Die Rücksicht einer koreanischen Studentin in einer solchen Situation ist gleichsam ein Ruhepol. Die Studierenden lernen voneinander und überwinden bisweilen sogar soziale Unterschiede.

In einer Gruppe, in der mehr als neun Nationen vertreten sind und die Studierenden zusammen lernen, entsteht nicht nur ein Kulturaustausch zwischen Deutschland und dem jeweiligen Land, sondern auch zwischen den Vertretern der Nationen untereinander. Im Prozess des interkulturellen Lernens erwerben die Studierenden und der Dozent interkulturelle Kompetenzen. Diese stellen keinen eigenständigen Kompetenzbereich dar. Sie können vielmehr als die Fähigkeit verstanden werden, individuelle, soziale, fachlich strategische Teilkompetenzen bestmöglich zu verknüpfen und diese im konkreten Fall entsprechend zu aktivieren und umzusetzen. Solche Teilkompetenzen können Empathie, Ambiguitätstoleranz, Flexibilität, Fremdsprachenkenntnis, interkulturelle Lernbereitschaft, Kommunikationsfähigkeit, Kulturwissen, Metakommunikation, Polyzentrismus und Selbstdisziplin sein (vgl. Bolten 2012: 114).

4 Der Markt als Thema interkulturellen Lernens

49 Studierende aus neun Ländern Asiens, Europas und Südamerikas äußerten sich zum Thema Markt. Als Grundlage wurde der bereits erwähnte Fragebogen ausgegeben, den die Studierenden in Länderteams ausgefüllt hatten. Das Ergebnis war eine anregende, vielschichtige Diskussion über Märkte in der ganzen Welt. Die Motivation der Studierenden war entfacht, und die sprachlichen Formulierungen im Fragebogen bildeten die erste Grundlage für eine Reihe grammatischer Übungen. Dies waren Transformationsübungen im Bereich der Tempora (Präsens, Perfekt und Präteritum), Übungen zu den transitiven Verben, die Wortstellung im Deutschen oder auch das Kasussystem.

Eine weitere Aufgabe, die sich aus dem Thema ergab, bestand darin, einen Text zum Thema Der Markt in meinem Land zu schreiben. Als Kommunikationsplan diente der Fragebogen, und der oben zitierte Mustertext sollte den Studierenden Anregungen liefern. Die Ergebnistexte waren kurz und mit einer Reihe sprachlicher Fehler behaftet, die für die Weiterführung des Unterrichts relevant waren, weil sie die Schwierigkeiten und Ungenauigkeiten der Studierenden in der Beherrschung der deutschen Sprache anzeigten. In der Korrekturarbeit wurden die Fehler analysiert, verbessert und durch Übungen - beispielsweise zur Wortstellung oder zum Kasussystem - automatisiert. Für die Übungen zu den Verben wurden Satzmodelle (Helbig 1971) aufgestellt, die die Verwendung der Verben im Dativ und Akkusativ leichter verständlich machten.

Die Projektarbeit über mehrere Unterrichtsstunden festigte nicht nur die Motivation zur Erlernung der deutschen Sprache, sondern bildete auch eine Anregung dazu, ähnliche Projekte zu verwirklichen.

Dieses Projekt, das alle Beteiligten sechs Unterrichtsstunden lang intensiv beschäftigte und ihnen viel Freude bereitete, bestand insgesamt nicht nur aus interkultureller Kommunikation, sondern wies einen erheblichen Anteil interkulturellen Lernens auf.

Anhang: Märkte gibt es überall

Was bedeutet der Markt in ………………………….? (bitte das Land eintragen)
  • Ein Einkaufsort für Lebensmittel
  • Ein Treffpunkt für Freunde
  • Ein Einkaufsort für alle wichtigen Dinge, die man zum Leben braucht.

Was gibt es auf dem Markt?
  • Gemüse und Obst
  • Bekleidung und Schuhe
  • Andenken und Bücher
  • Haushaltwaren

Wie ist es mit den Preisen?
  • Die Preise sind vorgegeben.
  • Die Preise werden ausgehandelt.

Wann ist Markt?
  • Dreimal in der Woche
  • Nur an Feiertagen
  • Täglich

Wer kauft auf dem Markt ein?
  • Die Hausfrauen
  • Kinder mit ihren Müttern
  • Die ganze Familie

Warum kaufen die Menschen auf dem Markt ein?
  • Die Lebensmittel sind frischer
  • Die Auswahl ist größer.
  • Das Markttreiben ist offener und fröhlich.
  • Man kann die Preise aushandeln.

Wer arbeitet auf dem Markt?
  • Die Verkäufer der verschiedenen Waren
  • Handwerker
  • Dienstleister wie der Schuster, der Uhrmacher

Bibliographie
Barmeyer, Christoph, Petia Genkova & Jörg Scheffer (2010). Interkulturelle Kommunikation und Kulturwissenschaft. Grundbegriffe, Wissenschaftsdisziplinen, Kulturräume. Passau: Stutz.
Bolten, Jürgen (2012). Interkulturelle Kompetenz. Erfurt: Landeszentrale für politische Bildung Thüringen
Brandt, Rainer (2004). Die deutschen Verben. Göppingen: dnf-Verlag.
Dietz, Gunther (2012). Deutsch als Fremdsprache / Deutsch als Zweitsprache (Sektionsbericht). In: Fäcke, Christian, Hélène Martinez & Franz-Joseph Meißner (Hrsg.) (2012). Mehrsprachigkeit. Bildung – Kommunikation – Standards. Stuttgart / Leipzig: Klett, 292-295.
Funk, Hermann (2009). Grammatisches Wissen und / oder Sprechkompetenz? Zur Frage der Prioritäten in einem Fremdsprachenunterricht auf der Grundlage des Europäischen Referenzrahmens. In: Zeitschrift für Germanistische Sprach- und Literaturwissenschaft. „Dituria“ 6. Tirana.
Funk, Hermann (2010). Lehrwerkforschung. In: Hallet, Wolfgang & Frank G. Königs (Hrsg.): Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze: Klett Kallmeyer, 364-368.
Helbig, Gerhard (1971). Theoretische und praktische Aspekte eines Valenzmodells. In: Helbig, Gerhard (Hrsg). Beiträge zur Valenztheorie. Halle: Niemeyer, 31-49.
Helbig, Gerhard (1992). Probleme der Valenz und Kasustheorie. Tübingen: Niemeyer.
Helbig, Gerhard & Joachim Buscha (2001). Deutsche Grammatik – ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Berlin: Langenscheidt.
Wazel, Gerhard (Hrsg.) (2011). Theorie und Praxis des DaF-Unterrichts heute – 20 Jahre Institut für Interkulturelle Kommunikation e.V. (Hrsg.) Frankfurt / Main: Peter Lang.

1  Die sprachlichen Fehler der Studierenden sind entsprechend hier nicht korrigiert worden.