Wissenschaftlicher Sammelband, herausgegeben von Thomas Tinnefeld - unter Mitarbeit von Christoph Bürgel, Ines-Andrea Busch-Lauer, Frank Kostrzewa, Michael Langner, Heinz-Helmut Lüger, Dirk Siepmann. Saarbrücken: htw saar 2014. ISBN 978-3-942949-05-7.
Der Gebrauch des Internets im universitären Französisch- und Italienischunterricht - theoretische Überlegungen und praktische Beispiele

Monika Dorothea Kautenburger (Ulm)



Abstract (English):
Students enjoy using the Internet as a source of information. This led us to think about using the Internet in our language courses. The article describes six examples of French and Italian language courses with embedded Internet activities. It offers methodological orientation as well as practical examples of how to integrate net-based learning scenarios into university courses.
Key words: Internet, net-based learning scenarios, French, Italian, student-oriented learning, blended learning


Abstract (Deutsch):
Das Internet ist eine von den Studierenden häufig und gern genutzte Informationsquelle. Es liegt daher nahe, über einen sinnvollen Internet-Einsatz im universitären Fremdsprachenunterricht nachzudenken. Der Aufsatz beschreibt vor dem Hintergrund methodischer Überlegungen sechs erprobte Unterrichtsbeispiele des an der Universität Ulm abgehaltenen Französisch- und Italienischunterrichts.
Stichwörter: Internet, netzbasierte Lernszenarien, Französisch, Italienisch, studentenorientiertes Lernen, blended learning



1 Einführung

Es ist eines der vorrangigen Ziele des universitären Fremdsprachenunterrichts, Studierende sprachlich für einen Studien- oder Forschungsaufenthalt im Ausland vorzubereiten. Da die Studierenden in der Regel neben dem Hauptstudium wenig Zeit für Sprachkurse zur Verfügung haben, muss ein solcher Unterricht besonders motivierend, effektiv und realitätsnah sein.

Für die heutige Studierendengeneration stellt das Internet im akademischen wie privaten Bereich die wichtigste Informationsquelle dar. Es liegt daher nahe, den Umgang mit authentischen französischen und italienischen Internetseiten in den Sprachunterricht zu integrieren.

Jedoch werden in der französischen Fremdsprachendidaktik Internet-Einsatz und Fachsprachenunterricht (Français sur objectifs spécifiques (FOS) und Français sur objectifs universitaires (FOU)) eher getrennt betrachtet. Mangiante & Parpette arbeiten in ihren FOS- bzw. FOU-Kursen mit Vorlesungsmitschnitten auf DVD (Mangiante & Parpette 2004 und 2011). Louveau & Mangenot hingegen geben Beispiele für den Internet-Einsatz im Französischunterricht, allerdings bleiben ihre Beispiele allgemeinsprachlich (Louveau & Mangenot 2006). In der italienischen Fachdidaktik liegen ver-gleichbare Studien noch nicht vor. Den ersten europäischen Versuch, den Gebrauch des Internets im Fremdsprachenunterricht nicht mehr ausschließlich unter dem Aspekt der Informationsbeschaffung zu sehen, sondern als Methode zur Stärkung des Lernerfolgs, unternahmen Ollivier und Weiss in einem von der Europäischen Union geförderten Projekt (Ollivier & Weiss 2007).
Der vorliegende Aufsatz beschreibt - ausgehend von methodischen und didaktischen Überlegungen - erprobte, in erster Linie fachsprachliche Unterrichtsequenzen, in denen das Internet sinnvoll zur Erreichung der oben genannten Ziele eingesetzt werden kann. Er folgt dabei einigen Anregungen von Ollivier & Weiss und entwickelt diese weiter. Bei den Beispielen war wichtig, dass der Internet-Einsatz didaktisch bereichernd, aber maßvoll war, und im Sinne des blended learning ein methodisches Element unter mehreren darstellte.

2 Begründung für die Verwendung des Internets in Sprachkursen

Es existieren vielfältige Gründe für den Einsatz des Internets im Fremdsprachenunterricht. Zunächst einmal ziehen die Studierenden das Internet anderen klassischen Informationsquellen wie Lehrwerken, Wörterbüchern und anderen Nachschlagewerken in Buchform wie auch Printmedien, Prospekten und gedruckten Werbematerialien vor.
Die Arbeit mit dem Internet ist bei Studierenden äußerst beliebt und steigert deren Motivation, sowohl im Kurs als auch bei Hausaufgaben.

Viele französische bzw. italienische Institutionen (Universitäten, Banken, Unternehmen, offices de tourisme / ENIT) bieten hervorragende interaktive Internetseiten an.

Allerdings gibt es auch Probleme im Umgang mit dem Internet, die gerade Übungen im Unterricht sehr sinnvoll erscheinen lassen. Oft wählen Studierende spontan Internet-Ressourcen der Zielsprache ungeschickt aus, sie benutzen das Internet falsch oder ineffektiv oder sie missverstehen Informationen aus dem Internet. Sie differenzieren die gefundenen Informationen nicht und erkennen nicht die Qualität der Informationen und den Grad ihrer Verlässlichkeit.

3 Französische und italienische Sprachkurse am ZSP

Am Zentrum für Sprachen und Philologie der Universität Ulm (ZSP) werden folgende Französischkurse angeboten:
  • Anfängerkurse der Niveaus A1-A2 sowie Wiedereinsteigerkurse (sogenannte cours de révision) (Niveau B1-B2 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens (GeR));
  • Der Kurs Campus, der die Studierenden gezielt auf einen Frankreichaufenthalt vorbereitet, ohne in die jeweiligen Fachsprache einzusteigen, der also dem Bereich FOU zuzuordnen ist;
  • Verschiedene Fachsprachenkurse / Français sur objectifs spécifiques (FOS), z.B. der zweisemestrige Kurs Français Médical A und Français Médical B oder der Kurs Français pour l’économie.
Im Fachbereich Italienisch gibt es folgendes Angebot:
  • Anfängerkurse „Italienische Sprache und Kultur“ der Stufen I-IV (A1-B1), in denen mit dem Lehrbuch Universitalia (Hueber-Verlag) gearbeitet wird;
  • Diverse Aufbaukurse wie:
a) A voi la parola I-II (B1), allgemeinsprachlich mit dem Schwerpunkt mündliche Kommunikation
b) Viaggio in Italia I-II (B1-2) mit landeskundlichen und interkulturellen Schwerpunkten
c) L’Italia oggi (B2), mit den Schwerpunkten Tagesgeschehen, Probleme der Gegenwart, Arbeitswelt und Studium in Italien.

Alle Kurse haben einen Umfang von 2 Semesterwochenstunden (SWS). Die Kurszusammensetzung ist in den Veranstaltungen beider Sprachrichtungen heterogen. In den allgemeinsprachlichen Kursen befinden sich Studierende aller Fachrichtungen und unterschiedlicher Semester und Studienjahre. In den Fachsprachenkursen befinden sich ausnahmslos Studierende der entsprechenden Studienfächer - im vorliegenden Falle also der Humanmedizin oder der Wirtschaftswissenschaften - aber ebenfalls aus unterschiedlichen Semestern oder Studienjahren.1

4 Unterrichtsbeispiele

Die folgenden Unterrichtsbeispiele, die mehrere Semester lang getestet wurden, beziehen sich auf die Kurse:
  • Campus (FOU, B1-B2)
  • Français pour l’économie (FOS, B2-C1)
  • Français médical A und B (FOS, B2-C1)
  • A voi la parola I (B1-B2)
  • Viaggio in Italia I (B2)

4.1 Mediale Ausstattung der Kursräume
Zur Durchführung des Unterrichts ist ein Unterrichtsraum mit WLAN, einem PC und einem Beamer vonnöten. Gibt es keinen fest installierten PC im Unterrichtsraum, lässt sich der Unterricht ebenso mit dem Laptop des Dozenten durchführen. Bei Gruppen-
arbeiten benötigen die Studierenden ebenfalls Laptops. In der Regel reicht ein Gerät für eine Zweier- oder Dreier-Gruppe aus, wobei die Erfahrung gemacht wurde, dass sich die Studierenden selbst hervorragend organisieren.

4.2 Lernziele der einzelnen Unterrichtssequenzen
Neben den allgemeinen Grob- und Feinzielen der Unterrichtssequenzen wurden spezielle für den Unterricht mit dem Internet relevante Lernziele definiert.
Die Studierenden sollen:
  • die französische bzw. italienische Internet-Sprache erlernen,
  • Suchmaschinen effektiv einsetzen,
  • Seiten auswählen lernen, die der gestellten Aufgabe bzw. dem Thema am besten gerecht werden,
  • die Qualität einer Internetseite bewerten lernen (z.B. hinsichtlich Autorenschaft, Aktualität und Struktur),
  • Seiten sowohl sprachlich als auch inhaltlich und interkulturell ausschöpfen lernen und
  • die gefundenen Informationen unter Berücksichtigung des neuen Wortschatzes in einer neuen Situation (z.B. Rollenspiel oder Präsentation) anwenden können.

4.3 Unterrichtsbeispiele Französisch
4.3.1 Beispiel Français pour l’économie
Das erste hier gewählte Unterrichtsbeispiel entstammt dem Fachsprachenunterricht. Wir befinden uns in der dritten Kurswoche. Die Studierenden erarbeiten in Gruppen die folgende Aufgabe Elaborez les informations économiques qu’un site d’une entreprise devraient fournir. Erwartet werden aufgrund der Vorarbeit in den vorausgegangenen Stunden z.B. gamme des produits, exportation, personnel, chiffre d’affaires annuel, volume de ventes, réseau / points de vente und marge opérationnelle. In einem nächsten Schritt wird gemeinsam die Homepage von Peugeot-Citroen (http://www.psa-peugeot-citroen.com/fr/action-peugeot-sa) angeschaut, wobei das internetspezifische Vokabular eingeführt wird. Die Studierenden vergleichen ihre Arbeitsergebnisse mit den Informationen auf der Homepage und bewerten diese.

In der Hausaufgabe (Cherchez d’autres sites d’entreprise et analysez les informations trouvées) wird das Gelernte angewendet und vertieft. Die Studierenden werden gebeten, ihre Ergebnisse als Powerpoint-Präsentation abzufassen. In der folgenden Stunde werden die angewandten Rechercheschritte (moteurs de recherche, mots clés) und die Ergebnisse verglichen.

4.3.2 Beispiel Français médical A
Unser zweites Beispiel illustriert den Internet-Einsatz im Fachsprachenunterricht Français médical (zur Spezifik des Kurskonzepts und der Lernziele vgl. Kautenburger 2006 und 2012). Nach mehrstündigen Einführungen in die Anatomie, Physiologie und Biochemie anhand ausgewählter Kapitel wird mit einfachen pathologischen Themen begonnen. Die Chirurgie ist bei den Studierenden als Wahlfach im PJ-Tertial (Praktisches Jahr während des letzten Studienjahres) sehr beliebt und nimmt daher in beiden Kurshälften einen relativ breiten Raum ein. Zur Einführung wird das Thema Hospitalisation d’un patient  gewählt. In der Regel wird die Einweisung / Unterbringung eines Patienten vom Pflegepersonal durchgeführt, manchmal sind Famulanten und Studierende anwesend, weil sie dort wertvolle Informationen über die Struktur der Krankenstation, des OP-Bereichs und den Arbeitsablauf erfahren. Außerdem ähnelt diese Situation der Einweisung von Studierenden in den OP-Bereich und ist daher eine nützliche Übung für den Einstieg in ein chirurgisches Praktikum. Zunächst betrachten die Studierenden in Zweiergruppen die Homepage eines Krankenhauses, die sich an deren Patienten richtet (z.B. der Klinik in Toulouse2). Dann werden die Informationen mündlich zusammengefasst (structure du bloc opératoire, équipe, les missions du personnel soignant, activités du bloc und particularités). Die Seite ist nicht sehr interaktiv, sondern linear strukturiert, was immerhin den Einstieg in den Internet-Einsatz im Unterricht vereinfacht, sie enthält aber eine Fülle gut auffindbarer, für Studierende nützlicher Informationen über Abläufe im Krankenhaus und durchgeführte Behandlungen.

In einem zweiten Schritt üben die Studierenden in Rollenspielen zu dritt oder viert das erlernte Vokabular an dem Beispiel Une infirmière explique le bloc opératoire au patient et à sa famille ein. Je nach den Vorkenntnissen und dem Interesse der Studierenden lassen sich aus dem OP-Angebot der Homepage zahlreiche kleine Rollenspiele entwickeln, indem die Diagnose und die Behandlung des Patienten variiert wird.

4.3.3 Beispiel Français médical B
Unser drittes Beispiel entstammt den zweiten Teil des zweisemestrigen Kurses Français médical. Wieder soll hier die Themenreihe chirurgie im Mittelpunkt stehen; dabei werden ausgewählte pathologische Aspekte im Detail behandelt. Das Thema der Unterrichtsstunde ist appendicite: techniques opératoires des interventions chirurgi-cales.

Zunächst erarbeiten die Studierenden in einem schriftlichen Text den Unterschied der zwei gängigen OP-Techniken, der incision und der approche par laparoscopie. Zur Vertrautmachung der Studierenden mit dieser wissenschaftlichen Textsorte empfehlen sich authentische Texte aus Lehrbüchern der Chirurgie.

Die Hausaufgabe lautet:
Regardez l’appendicectomie par laparoscopie (site web ci-dessous) et répondez aux questions du questionnaire.
(http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=HyySzQN3_Ts)
Der Fragebogen ist mit der entsprechenden URL auf Moodle hinterlegt. In der Folgestunde wird die Appendektomie auf YouTube zunächst gemeinsam angesehen, danach wird die Hausaufgabe besprochen.

4.3.4 Beispiel Campus (FOU)
Der einsemestrige Kurs Campus bereitet Studierende aller Fakultäten auf einen Auslandsaufenthalt (z.B. ERASMUS-Programm, Famulatur, Praktikum) in Frankreich oder einem frankophonen Land vor. In 13 Lektionen werden typische Alltagssituationen des studentischen Lebens behandelt.

Der Kursinhalt umfasst Themen wie die persönliche Vorstellung, die Darstellung des eigenen Studiengangs, die Bewerbung an einer französischen Universität, die Zimmersuche, die Kontaktaufnahme zum Ausbilder bzw. Hochschullehrer. In der nachfolgend beschriebenen Lektion soll die Freizeitgestaltung der Studierenden auf dem Programm stehen. Die Universität Ulm unterhält mehrere ERASMUS-Austauschprogramme mit französischen Partneruniversitäten, z.B. Angers, Paris Vincennes-Saint Denis und Besançon. Aus den Berichten der ehemaligen Stipendiaten ist ersichtlich, dass die Ulmer Studierenden ihr Interesse an der französischen Kultur und Geschichte und deren Stellenwert in der französischen Gesellschaft vor Ort entdecken.

Zunächst wird in Zweiergruppen gearbeitet. Es wird beispielsweise die folgende Aufgabe gestellt :
Vous êtes étudiant/e d’échange à Angers; vous voulez faire une excursion à Paris pour
visiter le Louvre :A. Cherchez un train de la SNCF.
B. Consultez le site du Louvre (comment arriver, accès, billets, remise pour étudiants,
quelles collections visiter?
Die Studierenden suchen die homepage der SNCF (http://www.voyages-sncf.com/billet-train prex=ID_4D483C106A1EA) und bearbeiten Aufgabe A. Bei diesem Schritt kommt es auf inhaltliche Lernziele (demander des renseignements: les horaires, billets pour étudiants, remise) und den korrekten Gebrauch der Frageformen, des conditionnel und der Zahlen an.

Zur Vorbereitung des Besuchs im Louvre besuchen die Studierenden die offizielle Homepage des Museums (http://www.louvre.fr/) und erarbeiten die entsprechenden Informationen (adresse, comment y arriver, horaires, billets, remise pour étudiants, types de collections). Nacheinander tragen die Gruppen ihr komplettes Ausflugsprogramm vor.
Dieses Unterrichtsbeispiel lässt sich durchaus auch in anderen Kursen - seien es FOS, FOU oder allgemeinsprachliche Kurse - durchführen.

4.4 Unterrichtsbeispiele Italienisch
4.4.1 Beispiel A voi la parola
In diesem Kurs wird mit dem allgemeinsprachlichen Lehrbuch A voi la Parola (Barlassina, Bessolo-Zimmermann & Ferraris-Engel 2010) gearbeitet. Ergänzend dazu werden authentische Textmaterialien benutzt und einzelne Bundesländer (regioni) vorgestellt. In den Lektionen 2 (In viaggio) und 4 (Arte) wurden bereits das Basisvokabular zu den Themen Reisen und Italienische Kunst / Kunstgeschichte eingeführt und kommunikative Kompetenzen wie das Sprechen über Reisen / Ausflüge sowie über italienische Kunst ausgebildet.

Als regione sei hier der Lazio gewählt. Die Studierenden schauen sich einen 25-minütigen Film über die Villa d’Este in Tivoli an und versuchen, die Fragen des vorher ausgeteilten Fragebogens zu beantworten. Sie erhalten vorab folgende Informationen zum Film: Es ist ein authentischer Film, die italienische Version richtet sich an Muttersprachler. Es wird daher nicht erwartet, dass die Studierenden mehr als 50 % des Textes verstehen. Sie sollen dennoch versuchen, Schlüsselbegriffe zu notieren oder einzelne Fragen zu beantworten. Der Film wird ein erstes Mal besprochen. Normalerweise verstehen die Studierenden in dieser Phase 50 % bis 60 % der Informationen. Die Villa d’Este verfügt über eine Homepage, die die gleichen Informationen - teilweise in ähnlichem Wortlaut - vermittelt. Es wird daher die Hausaufgabe gestellt, die entsprechende Homepage (http://www.villadestetivoli.info/) gründlich durchzuarbeiten. In der Folgestunde wird der Film ein zweites Mal angeschaut. Danach wird der Fragebogen vollständig ausgefüllt und gemeinsam besprochen.

Durch den Umweg über die Homepage und die individuelle Nachbereitung zu Hause verstehen die Studierenden beim zweiten Anschauen etwa 80 % bis 95 % des Textes. Nach eigener Aussage gewinnen sie dank dieser Methode mehr Erfahrung und Selbstvertrauen im Umgang mit schnell gesprochenen Texten.

4.4.2 Beispiel Viaggio in Italia
Anders als im vorigen Beispiel wird in diesem Kurs für fortgeschrittene Lerner (B2) im Allgemeinen ausschließlich mit authentischem Textmaterial gearbeitet. Die Grammatik wird nicht systematisch, sondern situativ, d.h. bezogen auf den kommunikativen Kontext, wiederholt. Zunächst werden die Futurformen der regelmäßigen und unregelmäßigen Verben in Erinnerung gerufen. Danach wird zur Anwendung der Futurformen beispielsweise der Wetterbericht La meteo gewählt, und es werden Fragen gestellt wie Che tempo fa a Ulm?, Qual è la previsone per domani, per il fine settimana?. Auf diesem Wege wird das meteorologische Vokabular (rovesci, pioggia, nebbia, piovere, nuvole, nubi sparse, nuvoloso, vento, temperatura minima / massima, in diminuazione / in aumento, aumentare, diminuire, variabile, sereno, sole) eingeführt.

In einem zweiten Schritt wird im Internet zweimal der italienische Wetterbericht (z.B. unter http://www.tempoitalia.it/meteo/roma) angeschaut. Nach Klärung des Vokabulars werden die Studierenden gebeten, in der Rolle des Meteorologen den Wetterbericht zu wiederholen. In einem nächsten Schritt wird in dem Rollenspiel La Meteo in Zweiergruppen der Wetterbericht unterschiedlicher Städte für den Folgetag vorbereitet und dargestellt. Man kann entweder Städte vorschlagen oder den Studierenden die Auswahl der Städte überlassen, wobei wegen der Vielfalt der meteorologischen Infor-mationen nord-, mittel- und süditalienische Städte vorkommen sollten.3

5 Phasen der Vorbereitung

Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Phasen der Unterrichtsvorbereitung unwesentlich von denen des Unterrichts mit traditionellen Medien.

Zunächst werden themenkonforme operationalisierbare Lernziele definiert. Danach werden Szenarios erstellt, in denen Internetseiten inhaltlich und didaktisch sinnvoll eingebaut werden können, d.h. in denen - im Gegensatz zu herkömmlichen Medien wie Fotos, Folien, und gedrucktem Text allgemein - ein größerer Lerngewinn, eine bessere Illustration, eine höhere Motivation oder größere Authentizität gegeben ist. Die Erstellung von Arbeitsblättern mit klaren Aufgabenstellungen, Fragen oder sonstigen Übungsaufgaben ist empfehlenswert, damit die Lernziele für die Studierenden, insbesondere auch in den individuellen Arbeitsphasen transparent bleiben. Es empfiehlt es, die Internetseiten mehrfach zu testen, und alternative Wege auszuprobieren.

Da weder die Arbeitsschritte noch die Ergebnisse der Studenten genau vorhergessehen werden können, ist diese Planung recht offen.

Für die Auswahl der Internetseiten waren im gegebenen Zusammenhang folgende Kriterien entscheidend:
  • Die Inhalte der Seiten sollten thematisch genau zu den Lehrinhalten passen, so dass sie die Erreichbarkeit der Lernziele fördern;
  • Sie sollten sich im Idealfall für unterschiedliche Phasen des Unterrichts und zur Erreichung unterschiedlicher Lernziele eignen (Einführung, Illustration / Visualisierung, praktische Übungen, Anwendung, Wiederholung, Vertiefung, Hausaufgabe);
  • Es wurden im Unterricht ausschließlich authentische, normal gebräuchliche, d.h. nicht für Lehrzwecke erstellte Seiten benutzt, die von Muttersprachlern für Muttersprachler erstellt wurden. So konnte sichergestellt werden, dass auch interkulturelle Unterschiede bewusst gemacht wurden;
  • Auf den Seiten mussten die Autoren bzw. Urheber oder Verantwortlichen für den Inhalt erkennbar sein. Somit wurde explizit auf Wikipedia-Artikel verzichtet;
  • Letztendlich waren auch Aspekte wie die Informationsmenge, die Aktualität, das Vorhandensein interaktiver Elemente und die Qualität des Bild- oder Filmmaterials wichtig.


6 Interaktion im Unterricht

6.1 Die Rolle des Dozenten
Der Internet-Einsatz verändert die klassische Dozentenrolle. Einerseits ist die Unterrichtsvorbereitung umfangreicher, andererseits tritt der Dozent im Unterrichtsgeschehen zurück. Er hat die Rolle eines Regisseurs, schafft mit der Internet-Recherche eine authentische Lernsituation, überlässt den Studierenden jedoch die Festlegung des Wegs und die Durchführung der jeweiligen Aufgabe, greift also nur ein, wenn die Situation es erfordert.

6.2 Rolle des Studierenden
Der Studierende hingegen gestaltet - anders als beim klassischen Unterricht mit vorgegebenem gedruckten Lernmaterial - den Lernprozess aktiver. Er schlägt weitgehend selbständig das Vorgehen, den Weg zum Thema vor, bestimmt sein eigenes Lerntempo und die Intensität der Informationsaufnahme, und begreift die Internet-Recherche in der Zielsprache als Teil des Lernprozesses. In den Gruppenarbeiten findet zudem mehr Kommunikation über das Thema statt, wenn die Studierenden angehalten werden, nur in der Zielsprache zu kommunizieren.

7 Mögliche Risiken des Internet-Einsatzes

Wie die dargestellten Beispiele zeigen, ist die Unterrichtsvorbereitung aus technischen und inhaltlichen Gründen auch bei großer Routine des Dozenten in aller Regel zeitaufwändiger.
Auf technische Probleme sollte der Dozent immer vorbereitet sein. Ein Testlauf vor dem ersten Einsatz im Unterricht ist ratsam. Im Zweifelsfall sollten Alternativen eingeplant werden (z.B. traitionelle Ausdrucke oder Overhead-Folien).

Der Inhalt der Internetseiten kann sich gegebenenfalls rasch ändern. Daher empfiehlt es sich, Inhalt und Struktur der verwendeten Seiten regelmäßig zu überprüfen, und das Arbeitsmaterial entsprechend zu überarbeiten.

Der Internet-Einsatz eignet sich eher für kleine Lerngruppen. So umfasste keiner der hier beschriebenen Kurse mehr als 15 Studierende, viele Kurse sogar weniger bis hinunter zu der Zahl von zehn Teilnehmern. Diese erwies sich als ideale Größe, um intensiv arbeiten und allen Lernern ein detailliertes Feedback geben zu können.

Berücksichtigt man alle oben genannten Empfehlungen, überwiegen die Vorteile eines webbasierten Unterrichts. Die Prinzipien des blended learning mit seiner Methodenvielfalt und solchen Aktivitäten, die außerhalb des Unterrichts individuell erledigt werden konnten, kommen den Interessen und dem Zeitmanagement der Studierenden sehr entgegen.

Bibliographie
Primärliteratur
Barlassina, Linda, Roberta Bessolo-Zimmermann, & Antonella Ferraris-Engel (2010). A voi la Parola, Stuttgart: Klett.
Piotti, Danila, Giulia de Savorgnani & Elena Carrara (2010). Universitalia 1 und 2. München: Hueber.
Sekundärliteratur
Louveau, Elisabeth & François Mangenot (2006). Internet et la classe de langues. Paris: Clé.
Kautenburger, Monika (2006). Pratique et théorie pour un cours de français médical réussi. In: Le Français dans le Monde. 364 (2006), 32-34.
Kautenburger, Monika (2012). Français Médical – Französischunterricht für Studierende der Humanmedizin an der Universität Ulm. In: Tinnefeld, Thomas (Hrsg.) (2012). Hochschulischer Fremdsprachenunterricht: Anforderungen – Ausrichtung – Spezifik. Saarbrücken: htw saar, 435-442.
Mangiante, Jean-Marc & Chantal Parpette (2004). Le Français sur Objectif Spécifique: de l’analyse des besoins à l’élaboration d’un cours. Paris : Hachette.
Mangiante, Jean-Marc & Chantal Parpette (2011). Le français sur objectif universitaire. Grenoble : PUG.
Ollivier, Chistian & Gerda Weiss (2007). DidacTIClang: une didactique des langues intégrant Internet. Hamburg : Kovac.
Villa d’Este (2007). DVD. De Luca Editori d’Arte : Roma.
Internetquellen
Centre Hospitalier Universitaire de Toulouse (2011): Présentation du bloc opératoire. (http://www.chu-toulouse.fr/-presentation-du-bloc-operatoire-#art833; 11.12.2013).
Dulucq, Jean-Louis (22.09.2010): Appendicectomie par laparoscopie.
(http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=HyySzQN3_Ts; 22.10.2014).
Meteo Giornale S.r.l. (2013): Tempo Italia. (http://www.tempoitalia.it/meteo/verona; 14.10.2013).
Meteo Giornale S.r.l. (2013): Tempo Italia. (http://www.tempoitalia.it/meteo/venezia; 14.10.2013).
Meteo Giornale S.r.l. (2013): Tempo Italia. (http://www.tempoitalia.it/meteo/firenze?d=1; 14.10.2013).
Meteo Giornale S.r.l. (2013): Tempo Italia. (http://www.tempoitalia.it/meteo/palermo?d=1; 14.10.2013).
Meteo Giornale S.r.l. (2013): Tempo Italia. (http://www.tempoitalia.it/meteo/roma; 14.10.2013).
Musée du Louvre (2013): Louvre. (http://www.louvre.fr/; 12.12.2013).
Peugeot S.A. (2012) : Action Peugeot S.A.
(http://www.psa-peugeot-citroen.com/fr/finance/action-peugeot-sa; 22.10.2014)
Sito Ufficiale Villa d’Este (2012): Villa d’Este. (http://www.villadestetivoli.info; 02.10.2012).
SNCF (2013): Distributeur de voyages en ligne de la SNCF.(http://www.voyages-sncf.com; 22.10.2013).
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1  In den italienischen Kursen gibt es häufig Teilnehmer, die zwar deutsche Muttersprachler sind, aber durch einen Elternteil die italienische Sprache von Kindheit an - allerdings nicht systematisch, sondern vielmehr lückenhaft - erlernt haben. Bei diesen Studierenden sind das Sprechen und Hörverstehen besser ausgeprägt, allerdings gibt es Lücken in der Systematik der Grammatik und dem Bewusstsein für die italienische Hochsprache. Die besondere didaktische Herausforderung für den Dozenten besteht darin, die vorhandenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten für die gesamte Lerngruppe zu nutzen, und die fehlenden auszugleichen bzw. gezielt zu fördern.
2  Vgl. http://www.chu-toulouse.fr/-presentation-du-bloc-operatoire-#art833; 06.11.2014.

3 Der italienische Wetterbericht eignet sich gut, um auf interkulturelle Unterschiede hinzuweisen. So wird immer auch ein Seewetterbericht gegeben (mare mosso, mare calmo); das Mittelmeer wird in für die Seefahrt und den Fischfang bedeutenden Teilbereichen betrachtet: mare tirreno, mare ionio, mare adriatico.